© Christian Neubert
Heino, man kennt Sie ja als Volksmusiker. Was hat es damit auf sich, dass Sie jetzt mit Rocksongs auf die Bühne gehen? Wie kam das zustande?
Die „musikalische Idee“ hatte ich. Das kam ursprünglich zustande, weil stets mehr junge Leute bei mir auf den Konzerten waren, wie es seitens der Presse immer hieß. Verfestigt hat sich die Idee dann, als ich bei einem Schlager-Event neben ein paar anderen Künstlern auf Schalke gespielt habe. Ich bin da als Einziger richtig mit Band aufgetreten, ich mache ja nie Playback. Da saßen dann 35.000 Menschen im Stadion, alles junge Leute. Und nach zehn Minuten haben die gerufen: „Außer Heino können alle nach Hause gehen.“ Da habe ich mir endgültig überlegt, mal etwas für ein jüngeres Publikum zu machen. Immerhin habe ich so etwas nie wirklich gemacht. Ich trat also mit der Idee an meinen Manager ran, der übrigens sofort begeistert war. Ich habe ihm aber auch gesagt, dass ich Titel von ihm brauche, weil ich mich da nicht auskenne.
Es waren aber nicht alle so wirklich begeistert, oder? Da gab es schon auch Künstler, denen Sie mit den Coversongs vor den Kopf gestoßen haben. Hat sich da jemand persönlich mit Ihnen in Verbindung gesetzt, das Gespräch gesucht?
Nein, die reden ja nicht mit mir. Die haben sich vermutlich gedacht, der alte Mann, der packt das eh nicht. Nur habe ich ja Musik studiert, ich weiß schon, wie man Musik macht. Und diese Rocksongs von heute, die ist für mich als Sänger leichter als Volksmusikstücke von Schubert, Bach, Tschaikowsky oder Brahms. So etwas ist wesentlich aufwendiger als „Sonne“ von Rammstein oder „Junge“ von den Ärzten. Der „Enzian“, den ich in den 70ern gesungen habe, geht ja über drei Oktaven. Aber das nur am Rande, ist ja auch wurscht, mir gefallen die Melodien von den Rocksongs. Die Rocker selbst haben sich aber ganz schön ausgekotzt über mich. Das hat mich aber nicht interessiert. Die einzige Band, die das nicht doof fand, war Rammstein. Deren Sänger Till hat dann auch angerufen und gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihnen in Wacken zu spielen und die „Sonne“ zu singen.
Und wie ist das in Wacken, so als in Ehren ergrauter Volksmusikstar?
Ach, das ist toll. Ich habe das Gefühl, die jungen Leute sind heute wesentlich angenehmer als jene, die ich in den 60ern, 70ern und 80ern erlebte. Die haben heute viel mehr Respekt und Toleranz. Ich kann wirklich nur Gutes über die jungen Menschen von heute sagen. Und mich macht das auch noch mal jung – zumal mir die Musik Spaß macht.
Gibt es denn generell große Unterschiede zwischen Auftritten in Wacken und dem Musikantenstadl?
Das kann man gar nicht vergleichen. In Wacken ist das Publikum wesentlich jünger. Klar versucht man jetzt auch den Musikantenstadl zu verjüngen, mit neuen Moderatoren, einem frischerem Bühnenbild und so was. Aber das Format an sich bleibt altmodisch.
Stoßen Sie da nicht Ihren eigentlichen oder ehemaligen Fans vor den Kopf? Ihrem ursprünglichen Publikum, das ja gerade in den von Ihnen erwähnten 60ern, 70ern und 80ern jung war?
Ich spreche ja nur von den jeweils jungen Leuten. Als ich angefangen habe, war ich 25. Meine Fans waren aber deutlich älter, waren 45. Ich habe nie Steine geworfen, mich nie mit Polizisten geprügelt. Gleichaltrige, die damals so drauf waren, als auch ich noch jung war, haben Heino nicht gemocht. Erfolg hatte ich aber trotzdem immer. Ich hatte nie die Notwendigkeit, meine Zielgruppe zu wechseln. Ich wollte das einfach nur. Ich wollte zeigen, dass ich das kann. Und das ist mir gelungen.
Und jetzt bleibt´s auch bei Rock?
Ja, ich habe im Grunde gar keine andere Wahl. Es läuft ja sehr gut. Was soll ich da in meinem Alter da noch großartig ändern, als einfach weiterzumachen? Was ich aber vor allem möchte, ist, den jungen Leuten Volksmusik nahezubringen. Ich spreche da nicht vom Humptata, ich spreche von „Am Brunnen Vor Dem Tore“, von „Sah Ein Knab´ Ein Röslein Steh´n“. Diese Lieder spiele ich dann auch auf den Konzerten. In einem modernen Gewand halt, damit es den Leuten gefällt. Es ist wichtig, mit der Mode zu gehen. Ich ziehe ja auch nicht mehr das an, was ich vor 50 Jahren getragen habe.
Irgendwie hatte ich ja gehofft oder befürchtet, der Heino, der hatte Ende der 80er einen Techno-Remix vom „Enzian“, jetzt macht er Rock, und demnächst gibt es Heino, den Rapper…
Nein, das geht nicht. Ich halte von Rap auch nicht viel, ich mag lieber Gesang. Aber das ist gar nicht der Punkt: Rap, das kann ich gar nicht. Das ist schwer! Ich kann bestimmt vieles, auf dem Seil laufen, oder ´nen Handstand, aber nicht rappen.