Ich habe in Deiner Vergangenheit gestöbert – und war erstaunt, dass Du sowohl mit En Vogue als auch mit den Böhsen Onkelz auf der Bühne standst. Wie geht das zusammen?
Ja, das klingt etwas verrückt, ich weiß. Das lief so: Mit meiner alten Band Sub7even habe ich gemeinsam mit En Vogue deren Song „Free Your Mind“ gecovert – und bald hat´s uns mit En Vogue in die USA verschlagen. In diesem Zuge wurden wir gefragt, ob wir an einem Benefizkonzert gegen rechte Gewalt teilnehmen möchten, Amnesty International war da mit im Boot – und die Onkelz waren die Headliner. Unabhängig vom Ruf der Onkelz dachten wir einfach, wir machen da etwas Gutes. Es gab allerdings ne Menge Leute, die das anders aufgefasst haben. Man hat uns das auch spüren lassen. Aber ´ne Erfahrung war´s definitiv.
Wir haben also En Vogue, die Onkelz, dann gab´s noch einen Gastauftritt bei Verbotene Liebe – und schließlich bist Du solo am Start, unterstützt von Mathias Hoffmann, der sich bis dahin in erster Linie als Techno-Produzent hervortat. Mit Dir geht´s in alle Richtungen, oder?
Naja, es ist immer die Frage, was man daraus macht. Mit Mathias zu arbeiten heißt ja nicht unbedingt Techno zu machen. Er hat einfach ein Händchen für gute Musik, egal, ob das Techno, Rock oder Hip Hop ist. Mathias schaut einfach, was geht, guckt sich um, liest sich rein. Mit Laith Al-Deen hat er auch schon sehr erfolgreich gearbeitet, und am Ende würde ich ihm auch zutrauen, den Techno erfunden zu haben. Ihn zu treffen war ein großes Glück.
In Deinen Texten zeigst Du Dich einerseits sehr intim und lässt Blicke in Deine Persönlichkeit zu. Andererseits sind die Texte bildhaft und metaphorisch verschlüsselt. Hast Du eine bestimmte Vorgehensweise beim Texten?
Wenn man eine Sache erzählt, die einen selbst berührt, dann kann man mit ihr auch andere Menschen berühren. Je genauer man dabei die Emotionen mit Worten einfängt, desto mehr berührt man andere in der Seele. Wenn ich Songs schreibe, dann frage ich mich, wie weit ein Text an reale Gefühle herankommen kann. Dabei spielen zunächst die großen Themen eine Rolle. Du weißt schon, der Himmel, die Sonne und so. Das muss man aber herunterreduzieren – wie bei einem Parfüm vielleicht. Man presst Millionen Blätter aus und hat am Ende einen Tropfen. Der ist dann die Essenz. Eines darf man aber nicht vergessen: Nur mit Sachen, die einen selbst berühren, erreicht man auch andere.
Mir gefällt der Parfüm-Vergleich. Kann man sagen, dass die Essenz aus dem Spiel mit Nähe und Distanz resultiert? Man presst sein Seelenleben in einen Song, verschließt sich aber auch manchmal, was man ebenfalls ausdrückt…
Ich sag´s mal so: Wenn ich bei einem Text sehr persönlich werde und das Gefühl habe, mich fast schon zu schämen, dann weiß ich… das wird gut (lacht). So ist das zumindest bei mir. Klar kann´s auch gut sein, wenn´s einfach locker-flockig von der Hand geht, aber dann hat es nicht die gleiche emotionale Tiefe. Ich glaube, dafür ist Musik auch da: Als Transportmittel für Gefühle. Wenn mir jemand sagt, dass ich mit einem Song ein Gefühl so beschrieben habe, wie es sich tatsächlich anfühlt, dann ist das das größte Kompliment, das es gibt.
Aktuell ist es ja Dein Job, der TV-Serie Sing My Song eine Portion Rock einzuhauchen. Erzähl´ mal, wie kam´s dazu?
Bereits bei der ersten Staffel von Sing My Song standen Leute vor und hinter der Kamera, die ich kenne und die wissen, dass ich medial ein gebranntes Kind bin. Sie sagten: Schau mal, das ist doch was für Dich. Ich hab´s mir dann angesehen und fand das oberfett. Meine Agentur und mein Booker von Four Artists haben daraufhin das Management von Xavier Naidoo angeschrieben, um mich schmackhaft zu machen – und die meinten nur: An den haben wir auch schon gedacht. Ab da hatte ich den kleinen Zeh in der Tür. Und schon bald war ich ganz drin.
Die beteiligten Künstler von Sing My Song gehen ja alle in unterschiedliche Richtungen. Gab es Momente, in denen Du Skrupel vor der Show hattest?
Skrupel nicht unbedingt. Dass ich mit vollkommen verschiedenen Leuten zusammensitze kenne ich vom Backstageraum. Da ist dann ein Punk, der andere macht Hip Hop, und ein Techno DJ hockt auch noch mit am Tisch – und alle haben Respekt voreinander, weil ihre Mission im Grunde genommen die gleiche ist. Von daher konnte man mir bei Sing My Song jeden hinsetzen. Mehr, als den Songs der anderen Deinen persönlichen Stempel aufzudrücken, kannst Du eh nicht, weswegen ich da keine Berührungsängste habe – auch, wenn z.B. Dieter Bohlen- oder Eko Fresh-Songs nicht gerade meine Wunschtitel wären.
Wenn Du selbst der Gastgeber von Sing My Song sein könntest: Wer wären Deine Wunschkandidaten?
Da hab ich schon dran gedacht. Zuerst waren das z.B. Rammstein, Campino, Kraftklub oder Casper. Mittlerweile würde ich aber eine wilde Mischung bevorzugen – Leute, die musikalisch ganz weit auseinander liegen, weil dann die Interpretationen umso spannender werden. Helene Fischer meets Emil Bulls oder Donots meets Michael Wendler.
Und dann noch H.P. Baxter – und Helene singt „How Much Is The Fish“…
Ja, das wäre echt ne richtige Ansage. Man kann das ewig weiterspinnen, und ich glaube, das macht auch den Erfolg der Sendung aus.
Jetzt bist Du ja sowohl bühnenerprobt als auch fernseh-erfahren: Was ist der Unterschied zwischen dem Rampenlicht von TV-Shows und dem von Konzertbühnen?
Ich glaube, das kriege ich erst so nach und nach mit. Das Fernsehen ist einfach das Massenmedium schlechthin. Du erreichst viel mehr Leute, was Dir dann bewusst wird, wenn Du nach der Sendung in der Fußgängerzone unterwegs bist. Aber bisher fühlt sich das alles gesund und gesittet an. Ich glaube, weil man durchaus als derjenige wahrgenommen wird, der man ist.
Dein aktuelles Album heißt „Auf die Plätze, fertig, los“. Eines dazu noch zum Schluss: Wo siehst Du Dich gerade? Noch im Starblock? Schon fertig? Oder bist Du los, bist unterwegs?
Boah… ich würde sagen… ich bin bei los, ne. Es geht darum, das Ziel zu erreichen. Egal, ob jemand schon vorher durchläuft oder auch nicht.