
© Daniel Torz
Seit der Eröffnung am 1. Dezember 2016 ist die Stadthalle Lohr zu einem bedeutungsvollen Ort für Kunst, Kultur und Begegnungen in der Region gewachsen. Wir sprachen mit Thomas Funck, Stadthallen- und Kulturamtsleiter der Stadt Lohr am Main, u.a. über seinen Weg in die Szene, die Bedeutung von Kultur und das South of Silence Festival, das am 13. und 14. Mai internationale Bands wie Amenra und Russian Circles in die Stadthalle bringt.
Bis 2010 hast du VWL an der Universität Würzburg studiert. Wie führte dein Weg von dort in die Kulturszene und bis zur heutigen Position als Werk- und Kulturamtsleiter?
Mein Weg in die Kulturszene hat schon recht lange vor dem Studienabschluss mit der Organisation von Konzerten während der Schulzeit begonnen. Später habe ich dann im Würzburger Immerhin Shows mit internationalen Bands organisiert. Durch die dabei entstandenen Kontakte konnte ich irgendwann zusätzlich Touren für schwedische Bands wie Dead Man, Vidunder oder The Movements buchen.
Ein Praktikum im Jugendkulturhaus Cairo ermöglichte mir nach dem Studium schließlich den beruflichen Einstieg ins Kulturmanagement. Der Weg führte dann über die Mitarbeit bei einem Festival für Klassische Musik in Berlin zur Leitung der neuen Stadthalle in Lohr und mittlerweile auch der Leitung des Kulturamtes der Stadt Lohr am Main.
Von Musik und Tanz über Theater und Kabarett bis zu Kunst und Literatur - die Stadthalle Lohr bietet ein breites Spektrum an Veranstaltungen. Welche Rolle spielt Kultur deiner Meinung nach in unserer Gesellschaft?
Kultur ist der Superglue unserer Gesellschaft. Von der Hoch- bis zur Subkultur, vom Maler bis zum Jazzdrummer bildet die Kultur ein so unglaublich weites Feld an Kreativität und Schaffenskraft, an Austausch, Zusammenleben- und arbeiten, gegenseitigem Lernen, Verstehen und Entstehen. Kultur bildet in ihrer Gesamtheit das Wertefundament, auf dem eine Gesellschaft fußt.
Häufig wird die Bedeutung von einzelnen Teilen der Kultur allerdings nicht entsprechend wertgeschätzt oder gegeneinander ausgespielt. Kleine Ateliers und subkulturelle Läden haben aber die gleiche Wichtigkeit für eine Gesellschaft wie ein Klassikfestival, ein Theater oder eine Stadthalle. In meiner Doppelfunktion als Leiter eines Kulturamtes und einer Stadthalle versuche ich alle Facetten, die das kulturelle Leben bietet, zu berücksichtigen.
Die vergangenen zwei Jahre waren von der Pandemie geprägt. Wie bist du in deinem Betrieb mit den Ausfällen umgegangen und welche Alternativen hast du geschaffen?
Wir haben versucht, auf die jeweiligen Bedingungen kreativ zu reagieren und uns dabei gleichzeitig weiterzubilden. Die Veranstaltungsbranche hat sich durch die Einbindung von Video- und Onlineformaten schneller und dauerhaft verändert, als man das zu Beginn der Pandemie vermutet hätte. In der Anfangszeit haben wir z.B. sonntagmorgens online Konzerte aus der Stadthalle übertragen und die Zuschauer konnten währenddessen bei der lokalen Gastronomie Brunch bestellen.
Später haben wir eine Ausstellung hinter der Glasfassade unseres Stadthallen-Cafés mit dem Lohrer Künstler Richard Kuhn organisiert. Richard Kuhn hatte eigens dafür Bilder gemalt, die wir nachts angestrahlt haben. Aus dieser Idee ist dann wiederum die Ausstellung „GLUT“ mit fünf Künstlern entstanden. Dafür haben wir in unserem Foyer Bilderschienen installieren lassen und über mehrere Wochen die Ausstellung gezeigt. Zur Vernissage besonders illuminiert, hat die GLUT unsere Räumlichkeiten in einem musealen Ambiente erscheinen lassen. Dazu kamen verschiedene Open-Air Events rund um die Stadthalle.
Vom 13. bis 14. Mai findet mit dem South of Silence Festival das erste große Indoor-Musikevent in der Stadthalle seit langer Zeit statt. Was bedeutet dir diese Veranstaltung?
Die Veranstaltung bedeutet meinem Team und mir persönlich sehr viel. Einerseits drückt das Festival unserer Arbeit den persönlichen Stempel auf. Mit vielen der Bands sind wir bzw. ich befreundet. Andererseits spiegeln die vielfältigen Kontakte zu unterschiedlichen Agenturen, die für eine derartige Veranstaltungsorganisation notwendig sind, nicht nur die Arbeit als Kulturamtsleiter in Lohr wider, sondern insbesondere auch die jahrelange Tätigkeit in der Würzburger Subkultur für Läden wie das Immerhin. Daneben besteht die Möglichkeit, die große Funktionalität, die Flexibilität und die hervorragende Akustik der Lohrer Stadthalle in ihrer Ganzheit zu präsentieren.
Mit Amenra und Russian Circles holst du zwei Bands nach Lohr, die sonst in Las Vegas und anderen Weltmetropolen ganze Amphietheater füllen – wie kam es dazu?
Russian Circles waren 2018 bei einer von zwei Deutschlandshows in der Stadthalle Lohr zu Gast. Ein befreundeter Booker hat damals den Kontakt hergestellt. Die Band war vom Sound, der Bühne und dem Ambiente sehr angetan und hat für ihre aktuelle Tour letztes Jahr wieder bei uns angefragt. Die Anfrage war der Auslöser, das Festival drumherum zu bauen.
Mit Russian Circles als Referenz war es möglich, Amenra für das Festival als zweiten Headliner zu gewinnen. Ehrlich gesagt, habe ich auch wenig Scheu, einfach große Bands anzufragen. Bisher habe ich jede Band bekommen, um die ich mich bemüht habe. Bis auf eine kommen auch alle immer wieder.
Auf welche Highlights dürfen sich die Besucherinnen und Besucher der Stadthalle in diesem Jahr sonst noch freuen?
Neben einer neuen Ausstellung, die ich für Ende des Jahres plane, sicherlich unser Bier- und Weindorf, welches im Herbst rund um die Stadthalle stattfindet. Dieses Best-of der fränkischen Kulinarik-Welten unter Einbeziehung von lokalen Brauern und Winzern kam letztes Jahr so gut an, dass eine Wiederholung obligatorisch ist.
Die Stadthalle hat sich in den vergangenen fünf Jahren über die Grenzen Lohrs hinweg als kulturelle Institution etabliert. Was waren deine Herzensprojekte?
Jährlich wiederkehrende Highlights waren das Klassikkonzert im Herbst mit internationalen Orchestern und unser Solo-Klavierabend im Frühjahr. Meist waren diese Abende mit russischen und ukrainischen Musikern von Weltrang zusammen besetzt. Mit dem Russen Nikolai Tokarev war zweimal einer der besten Pianisten der Welt bei uns zu Gast. Leider ist dies wohl für lange Zeit nicht mehr möglich.
Weitere Herzensprojekte waren meist Kombinationen unterschiedlicher Veranstaltungsarten, die sich gegenseitig ergänzt haben, wie z.B. der Skatecontest im Außenbereich mit Musikfestival im Innenbereich.
Zum Abschluss noch eine private Frage: Welches war dein erstes und welches das für dich prägendste Konzerterlebnis, an das du dich erinnerst?
Das erste war ein kleines Jazzfestival in einem verrauchten Stuttgarter Keller im Alter von elf Jahren. Die Organisatorin kam im Anschluss zu mir und hat mir einen Kalender mit alten Jazzdrummern wie Art Blakey geschenkt. Der hing dann über Jahre hinter meinem Schlagzeug im Keller. Prägend war auch die Show mit Graveyard 2007 in Würzburg, nach der ich mit der Band auf Tour gefahren bin und beschlossen habe, beruflich im Kulturbereich zu arbeiten.
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South of Silence Festival
Fr., 13. + Sa., 14. Mai, Stadthalle Lohr
Freitag: Amenra (BE), Sacri Monti (US), Bait (D), Kaleidobolt (FIN), Cranial (D)
Samstag: Russian Circles (US), Dead Lord (SWE), Helms Alee (US), Lucy Kruger & The Lost Boys (RSA), Zement (D), Blacksmoker (D)
Tickets: Tagesticket Freitag oder Samstag je 27,50 Euro, Festivalticket 49,50 Euro Mehr Infos & Vorverkauf über www.stadthalle-lohr.de oder www.reservix.de
FRIZZ verlost 2x2 Tickets! Hier geht's zur Verlosung: https://frizz-wuerzburg.de/verlosung/tickets-south-of-silence-festival/