Julius-Maximilians-Universität
Würzburgs Stadtgeschichte ist gespickt von Geistesgrößen. Kein Wunder, zählt die Julius-Maximilians-Universität doch zu den ältesten Hochschulen Deutschlands. Anno 1402 von Bischof Johann von Egloffstein gegründet, währte ihr Studienbetrieb allerdings gerade einmal elf Jahre – bis sie 1582 von Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn wiedereröffnet wurde – feierlich, wie es heißt. Einen Teil ihres Namens bekam sie von ihm, den anderen vom bayrischen Kurfürsten – und späteren König – Maximilian I. Joseph. Hervorgebracht hat sie weitere große Namen: Menschen, die mit Forscherdrang und wissenschaftlichem Eifer die Welt verändert haben.
Zum Gedenken an die Gelehrten, deren Wirken sich maßgeblich auf ihre jeweiligen Disziplinen niederschlug, haben drei Alumni der Uni Würzburg – Prof. Horst Bruner, Prof. Walter Eykmann und Prof. August Heidland – das Projekt „Gelehrtentafeln“ initiiert. Mit dem Anliegen, Universitätsgeschichte greifbar zu machen, werden auf ihr Engagement hin Tafeln an Häusern angebracht, in denen die Denkerpersönlichkeiten einst gelebt haben. 14 Gelehrtentafeln sind mittlerweile installiert, für bisher zehn Forscherpersönlichkeiten. Weil manche von ihnen verschiedene Häuser in Würzburg bewohnten. Es handelt sich um folgende Herren:
Adolf Eugen Fick (1829 – 1901)
Wo: Kapuzinergasse 19 und 21
Was: Von 1868 bis 1899 bekleidete er den Lehrstuhl für Physiologie.
Wow: Gemeinsam mit seinem Kumpel Johannes Wislicenus widerlegte Fick die Liebigsche Hypothese via Besteigung des Faulhorns. Außerdem entwickelte er eine Möglichkeit zur Bestimmung des Herzminutenvolumens, was alsbald als Ficksches Prinzip bekannt wurde – und nicht mit den ebenfalls von ihm begründeten Fick´schen Diffusionsgesetzen identisch ist. Ihm zu Ehren wird alle fünf Jahre die wichtigste Auszeichnung auf dem Gebiet der deutschsprachigen Physiologie vergeben: Der Adolf-Fick-Preis.
Albert von Koelliker (1817 – 1905)
Wo: Theaterstraße 1 und Hofstraße 5
Was: Von 1849 bis 1902 war er Professor für Experimentalphysiologie und vergleichende Anatomie. Er entdeckte die glatten Muskelzellen und andere Gewebestrukturen. Als ein Gründungsmitglied und Präsident der Physikalisch-Medizinischen Gesellschaft ließ er sich von Röntgen die Hand röntgen, woraufhin er die Bezeichnung „Röntgenstrahlen“ vorschlug. Röntgen selbst sprach bis dahin von X-Strahlen.
Wow: Sein Wirken war maßgeblich für das wissenschaftliche Gebiet der mikroskopischen Anatomie. Zudem ist er der Autor des ersten Handbuchs zur Histologie (Gewebelehre).
Carl Caspar von Siebold (1736 – 1807)
Wo: Theaterstraße 8
Was: Er war von 1769 bis 1807 Professor für Anatomie, Chirurgie und Geburtshilfe.
Wow: Er revolutionierte die Chirurgie, indem er neue Operationsmethoden entwickelte und neue Maßstäbe für die Hygiene setzte, was 1805 zur Einrichtung des ersten modernen Operationssaals der Welt führte – in dem Krankenhaus, wo er Oberwundarzt war, dem Würzburger Juliusspital.
Christian Meurer (1856 – 1935)
Wo: Schillerstraße 11 und Weingartenstraße 30
Was: Von 1888 bis 1926 war er Professor für katholisches Kirchenrecht und Völkerrecht.
Wow: Er schrieb ein zweibändiges Werk über die Haager Friedenskonferenz, die als erste (größere) rechtswissenschaftliche Nachbetrachtung dieses Ereignisses gilt. Von 1922 bis 1925 war er als Sachverständiger für Völkerrecht in einem Untersuchungsausschuss für die Überprüfung der Kriegsverbrechen des Ersten Weltkriegs zuständig.
Friedrich Kohlrausch (1840 – 1910)
Wo: Kettengasse 5 und Paradeplatz 4
Was: Von 1875 bis 1888 war er Professor für Physik.
Wow: Sein ab 1870 herausgegebenes Standardwerk „Praktische Physik“ – oder, wie Fachleute sagen: „Der Kohlrausch“ – wurde bis 1996 fortgeführt.
Friedrich Wilhelm Scanzoni von Lichtenfels (1821 – 1891)
Wo: Paradeplatz 4
Was: Von 1850 bis 1887 hatte er den Lehrstuhl für Geburtshilfe inne.
Wow: Er entwickelte die Scanzoni-Zange, die bei Entbindungen im Falle einer hinteren Hinterhauptslage zum Tragen kommt. Viele ausländische Privatpatienten, u.a. Mitglieder des russischen Hochadels, ließen bei ihm entbinden.
Johann Lukas Schönlein (1793 – 1864)
Wo: Domerschulstraße 13
Was: Er bekleidete von 1824 bis 1832 den Lehrstuhl für Innere Medizin
Wow: Er erkannte die Tuberkulose als eigenständiges Krankheitsbild.
Zudem nahm er zugunsten naturwissenschaftlicher Methoden Abstand von spekulativen Ansätzen innerhalb der Diagnostik, womit er die Medizin grundlegend reformierte.
Julius von Sachs (1832 – 1897)
Wo: Heinestraße 11
Was: Von 1868 bis 1897 war er Inhaber des Lehrstuhls für Botanik.
Wow: Er gilt als Begründer der Pflanzenphysiologie und verschaffte seinem Fach eine breite Bekanntschaft, weswegen es viele Forscher aus aller Welt zu ihm nach Würzburg verschlug.
Matthias von Lexer (1830 – 1892)
Wo: Haugerring 2
Was: Von 1868 bis 1890 lehrte er am Lehrstuhl für Deutsche Philologie
Wow: Er hat mit seinen Wörterbüchern zur deutschen Sprachgeschichte bis heute gebräuchliche Standardwerke geschaffen.
Oswald Külpe (1862 – 1915)
Wo: Paradeplatz 4 und Friedrich-Ebert-Ring 1
Was: Er lehrte von 1894 bis 1909 am Lehrstuhl für Philosophie und Ästhetik.
Wow: Er ist der Begründer der Würzburger Schule für Denkpsychologie. Seit 2005 gedenkt man ihr und ihrem Gründer mit dem Oswald-Külpe-Preis. Er wird alle zwei Jahre an international herausragende Wissenschaftler verliehen, die sich in besonderem Maße um die Denkpsychologie verdient gemacht haben.
Fazit: Wer anstrebt, Wissenschaftsgeschichte zu schreiben, sollte sich eine Wohnung am Paradeplatz 4 sichern – offenbar stehen die Chancen dann recht gut. Wofür die Chancen ebenfalls gut stehen: Für die erste Frau im Kreise der forschen Herrenrunde. Immerhin machen Frauen inzwischen den Löwinnenanteil an der Würzburger Uni aus. Anderswo auch.