Fahrrad Stock
„Nur Genießer fahren Fahrrad und sind immer schneller da“. So besangen die A Capella-Chartstürmer von Den Prinzen anno 1991 ihren Drahtesel. Zeitgemäß ist das inzwischen allerdings nicht mehr: Nicht nur Genießer fahren heute Fahrrad und sind immer schneller da, weil selbst Kostverächter heute auf´s Fahrrad umsatteln. Eine gute Idee, ist so ein Drahtesel doch eine günstige, umweltfreundliche und sportive Möglichkeit der Fortbewegung, die es gerade im dichten Stadtverkehr locker mit ottomotorisierten PS-Boliden aufnehmen kann. Sofern die Fahrradwegesituation von den Stadtplanern und -agenturen nicht vernachlässigt wird…
Mag sein, dass die Fahrradweg-Situation in Würzburg offenbar nicht gerade ein Thema von hoher Dringlichkeit ist: Ein Grund, das Fahrrad links liegen zu lassen ist das nicht. Soll es nicht sein, darf es nicht sein. Weil auch im städtischen Marketing Trends nicht ignoriert werden. Zumindest nicht vollständig oder ständig. Und Radfahren ist eben Trend. Nicht erst seit gestern, wohlgemerkt: Die Branche boomt seit Jahren, ein Ende ist vorläufig nicht in Sicht. Die Hersteller drängen konsequent mit neuen Modelle und technischen Innovationen auf den Markt. Das Rad wird dabei zwar nicht neu erfunden. Es bekommt aber immer wieder auf´s Neue ein Update mit den tonangebenden Features der Stunde. Mit technischen Errungenschaften, bei denen ehrwürdige Fahrrad-Pioniere wie Karl Drais, Pierre Michaux, Franz Kurtz und Thomas McCall ganz schön mit den Ohren geschlackert hätten.
Eine Innovation, auf die die Fahrradhersteller in diesem Jahr verstärkt setzen, ist der Riemenantrieb. Zugegeben: So neu ist der nun auch wieder nicht. Schon Anfang der 1980er Jahre gingen riemengetriebene Fahrräder vom Band. Bis zum Otto-Normal-Radler ist er sich jedoch nicht durchgedrungen. Das soll heuer anders werden: Viele Hersteller unternehmen den Versuch, den Riemenantrieb ins Bewusstsein des Radler-Mainstreams zu bringen. Daher sind sie bald auch im mittleren Preissegment, also bei Neurädern unter 1.000 Euro, verstärkt anzutreffen. Die größten Vorteile des Riemenantriebs gegenüber dem Kettenantrieb sind seine Verschleißarmut und seine Sauberkeit. Zudem sind sie deutlich weniger wartungsintensiv. Die im Vergleich zur Fahrradkette relativ breiten Riemen, die hier zum Einsatz kommen, lassen gängige Kettenschaltungen allerdings nicht zu. Daher setzen die Hersteller bei ihren riemengetriebenen Modellen auf Tretlager- und Nabenschaltungen, weswegen auch diese Segmente mit neuen Errungenschaften aufwarten.
Ansonsten gilt: Je spezifischer das Fahrrad, desto spezieller seine technischen Neuerungen. So setzen die Rennradbauer aktuell mehr auf zu fertigen Scheibenbremsen. Bei Mountain Bikes sind sie längst etabliert. Aufgrund ihres vergleichsweise hohen Gewichts gegenüber Felgenbremsen haben sie sich an Rennrädern bislang nicht durchgesetzt. Nun zielt man allerdings darauf ab, Rennräder alltagstauglicher zu fertigen, was sich auch auf die Bereifung niederschlägt. So sollen breitere und voluminösere Reifen den Komfort erhöhen und auch unebene Untergründe leichter befahrbar machen. Zugegeben: Für Sportskanonen, die ihr Rennrad tatsächlich als Rennrad nutzen möchte, ist das nichts. Freuen können sie sich aber trotzdem. Über den anhaltenden Trend zum Leichtbau nämlich. Carbon heißt der Werkstoff der Stunde, der Alu schwergewichtig erscheinen lässt und der sowohl für die Rahmen als auch für die Laufräder eingesetzt wird. Bei High-End-Bikes werden zudem die aerodynamischen Eigenschaften optimiert. Das kostet allerdings. Für die kurzen Fahrten „dahemm rum“ wird sich das kaum einer leisten wollen. Hier geht es eher um Leute, die ihre Triathlon-Zeiten um ein paar Nanosekunden nach unten korrigieren wollen.
Das Thema Mountainbike wird auch immer zerklüfteter. Das geht schon bei den Reifen los. Denn neben den 29-Zoll-Rädern kommen fortan zunehmend Reifen mit 27,5 Zoll in Mode, jeweils bei zunehmender Breite. Damit begegnet man der steigenden Nachfrage nach Enduro-Bikes und Downhill-Rädern, die mit langen Federwegen und Radständen mehr Offroad-Vergnügen gewährleisten. Ansonsten gelten auch bei modernen geländetauglichen Fahrrädern altgediente Faustregeln. So soll ein Mehr an Leichtigkeit für mehr Leichtigkeit auf Abwegen sorgen. Auch hier spielt Carbon eine große Rolle. Manche Hersteller werben z.B. aktuell mit Modellen, die kaum mehr als Siebeneinhalb Kilo wiegen. Solche extrem leichten Mountain Bikes werden allerdings weiterhin den Profis vorbehalten bleiben. Auch enthusiastische Radnutzer werden kaum einen hohen vier- oder gar fünfstelligen Betrag hinblättern.
Ungebremst ist übrigens auch der E-Bike-Trend – und schlägt sich dabei neuerdings auf Mountainbikes nieder. Offroad-Räder mit elektronischer Unterstützung boomen und gesellen sich verstärkt zu den herkömmlichen Modellen, von denen vor zwei Jahren noch über eine halbe Millionen Stück über die Ladentheke gingen. Im Fokus der Hersteller liegen ein Plus an Akku-Leistung, sprich: Mehr Reichweite pro Ladung. Daneben sollen die elektronischen Antriebssysteme besser in die Räder integriert werden. So nämlich, dass man den Modellen zunächst gar nicht ansieht, dass sie über E-Support verfügen.
Ein gewichtiges Thema zeichnet sich zudem an der Lastenrad-Front ab. Weil auch sogenannte Cargobikes die Innenstädte erobern wollen. In ausgewählten Projektstädten setzen bereits der DHL sowie – na, da schau her – der ADAC auf Lastenräder. Da sie aufgrund ihrer Flexibilität im hochfrequentierten Gassengewirr Autos überlegen sind, kommen sie zunehmend für Dienstleister und Handwerksbetriebe in Frage. Hier tut sich seitens der Hersteller schon einiges. Bestimmt gerät das Thema in naher Zukunft noch deutlicher in den Fokus.