© Alexey Testov
Sebastian Reich
Sie sind Bauchredner. Das wirft zunächst folgende Frage auf: Wie kommt man denn dazu?
Begonnen hat alles im Alter von vier Jahren. Ich habe von meinem Onkel, der selbst 30 Jahre als Bauchredner auf der Bühne stand, zu meinem 4. Geburtstag ein Zauberkunststück geschenkt bekommen. Ein paar Monate später stand ich dann als kleiner Junge gemeinsam mit ihm zum ersten Mal auf der Bühne. Er als Bauchredner, ich damals noch als Zauberlehrling. Mit sechs Jahren hatte ich dann meinen ersten großen Bühnenauftritt damals auf der Würzburger Landesgartenschau. Es folgten zauberhafte Jahre, bis ich mich schließlich im Alter von 16 Jahren intensiv mit der Materie Bauchreden beschäftigt habe.
Wie lernt man Bauchreden? Haben Sie irgendwann gemerkt, dass Sie das einfach beherrschen, oder wie kann man sich das vorstellen?
Auch hier kam natürlich wieder mein Onkel ins Spiel. Ich habe von ihm sehr alte, fast schon historische Unterlagen zum Thema „Bauchreden“ erhalten. Was dann folgt, ist ein jahrelanges Training. Drei Jahre lang habe ich fast täglich vor dem Spiegel gesessen, bestimmte Atemübungen gemacht, Stimmtraining & Gesangsübungen. Anfangs sind das sehr seltsame Töne und man möchte nicht, dass da jemand dabei ist. Es ist, als würde man das sprechen neu lernen. Erst Buchstabe für Buchstabe und dann Wort für Wort – eben alles nur, ohne die Lippen zu bewegen.
Bauchreden ist ja eine Kunst für sich. Als Laie würde ich sagen, Sie bewegen sich künstlerisch zwischen Kabarett, Zirkusakrobatik und Beatboxing. Wie sehen Sie das selbst?
Das Bauchreden ist das eine, der Grundstein. Was dann noch dazukommt, ist aber noch viel wichtiger: Der Text und das Konzept der Show, das Spiel mit der Puppe, die Ideen. Alles in allem kommt dann tatsächlich ein „Gesamtkunstwerk“ raus, welches mehr ist als „nur“ Bauchreden.
Wie kamen Sie zu ihrer „Partnerin“ Amanda, der Nilpferddame, die Stewardess ihrer eigenen Fluglinie ist? Welche Idee steckt dahinter?
Amanda gibt es schon ca. 5 Jahre an meiner Seite. Vor ihr gab es einige andere Figuren, u.a. damals für Bauchredner noch sehr klassisch eine Stoffente. Ich wollte jedoch etwas Neues, etwas freches und dennoch charmantes. Und so kam ich auf den Charakter eines Nilpferds. Amanda ist durch ihre knuffige Art eine Sympathieträgerin und kann mit einigen Themen, wie z.B. Diäten sehr gut kokettieren. Die Idee zum Programm „Bauchlandung“ kam tatsächlich im Flugzeug auf den Weg in den Urlaub. Irgendwann steht da ein Gedanke und dann gibt das eine das andere, so entstehen spontan sehr oft die Programme.
Meine erste Assoziation, als ich von Ihnen und Amanda hörte, war die Muppet Show: Miss Piggy in „Schweine im Weltall“. Was inspiriert Sie bei Ihrer Arbeit?
Es ist tatsächlich so, dass man sich natürlich von Dingen inspirieren lässt. Bei mir hat das im Prinzip schon in den Kindertagen begonnen. Durch die Arbeit meines Onkels als Bauchredner, habe ich mich früh für das klassische Puppenspiel begeistern können. So waren auch immer die Muppet Show, Sesamstrasse & Co einer meiner liebsten Sendungen als Kind.
Eine Bauchrednerpuppe ist bestimmt bestens geeignet, um Kritik an etwas oder jemandem zu üben, ohne sich als Person selbst in den Bereich einer Konfrontation zu begeben. Amanda ist ja durchaus angriffslustig, was man z.B. bei der Fastnacht in Franken erleben konnte. Wie steht es diesbezüglich mit Sebastian Reich?
Natürlich ist Amanda immer offen für einen Spaß mit dem ein oder anderen Zuschauer oder auch Prominenten und darf Dinge sagen, die ich mich nicht trauen würde zu sagen. Sie tut es auf ihre charmante Art und man verzeiht ihr dies auch. Das alles darf natürlich nur auf einem bestimmten Level und Niveau stattfinden, ohne jemals beleidigend oder verletzend zu werden. Darauf lege ich von Beginn an sehr großen Wert und fahre damit auch sehr gut. Es braucht definitiv keine derben Sprüche oder verbale Entgleisungen. Was mich betrifft, so sieht es Amanda auch mal ganz gerne während der Show auf mich ab. Selbstironie gehört einfach dazu und das Publikum stellt sich bei solchen Sachen dann sehr gerne auf Amandas Seite. Ich kann damit leben.
Gibt es Eigenschaften und Interessen, die Sie mit Amanda teilen?
Amanda ist ja ein fröhliches, gut gelauntes Lebewesen. Das wäre auf alle Fälle eine Eigenschaft, die ich auch unter meinen Namen setzen würde. Des weiteren teilen wir uns die Leidenschaft für das eine oder andere gute Essen.
Neben Ihrer Tour kann man Sie auch für Galen, Firmenjubiläen o.ä. buchen. Welche skurrilen Erlebnisse oder Situationen lauern auf Bauchredner und Nilpferddamen bei solchen Anlässen?
Darüber könnte ich ein ganzes Buch schreiben. Klingelnde Handys, der Chef, der zu spät in den Saal kommt, explodierende Scheinwerfer, ein Hund, der plötzlich auf der Bühne steht und Interesse an Amanda bekommt, Stromausfälle und Lachanfälle, Techniker, die mir ein Mikrofon an den Bauch binden wollen und noch vieles weitere. Man erlebt sehr viel und meistens macht man genau aus diesen Situationen eine spontane Nummer auf der Bühne. Das ist das was das Publikum liebt.
„Bauchlandung“, das Programm, mit der Sie auf Tour sind, ist ja eine abendfüllende Veranstaltung. Welche Überraschungen halten Sie für jene Gäste bereit, die Sie bei kleineren Events erleben durften?
Viele Zuschauer, die mich schon mit meinem „Gala-Programm“ auf kleineren Events erlebt haben, sind meistens nach dem Tour-Programm sehr überrascht. Ist bei der Gala nur Amanda dabei, so handelt es sich bei dem Programm „Bauchlandung“ um eine ganze Bühnenshow mit Kulisse, Lichteffekten und einer kompletten Story von über 120 Minuten Spieldauer. Amanda ist dabei die Chef-Stewardess, ich bin als Pilot mit an Bord und dann gibt es noch jede Menge Gäste: Einen singenden Bordmechaniker, der gerne mal am Broadway wäre, Urlaubsbekanntschaften von Amanda und noch einige Gäste, die für so manche Überraschung sorgen. Alles in allem ein sehr kurzweiliger Flug mit Comedy, Entertainment und Musik.
Gibt es etwas, das Sie sich für sich und Amanda während Ihrer Tour wünschen?
Wir wünschen uns stets einen vollen Flieger, gute Stimmung an Bord und ich mir persönlich immer eine gute Stimme ohne Erkältung. Das ist das allerwichtigste.
Und was wünschen Sie Ihren Fans und Gästen?
Unseren Gästen an Bord wünsche ich viel Spaß und einen Flug ohne große Turbulenzen, wobei diese nicht an mir, sondern eher an Amanda liegen. Es ist ein schönes Gefühl, den Zuschauern zwei Stunden Lachen zu schenken, einfach mal den Alltag hinter sich zu lassen und Spaß zu haben. Darum liebe ich meine Arbeit und bereue es keine Sekunde, damals mein Hobby zum Beruf gemacht zu haben.