Etwas früher: Die biblische Gestalt des Holofernes wurde von einer gewissen Judith geköpft. Heute: Judith Holofernes ist mit ihrem zweiten Soloalbum „Ein leichtes Schwert“ unterwegs. Fichtst Du gerade, gewappnet mit einem leichten Schwert, einen Kampf gegen Dich selbst?
Im Gegenteil. Ich versuche, vielleicht zum ersten Mal, nicht gegen mich, sondern gegen sinnvollere Gegner zu kämpfen. Und siehe, das Schwert wird leichter!
Was hat ein leichtes Schwert zur Waffe Deiner Wahl gemacht?
Ein leichtes Schwert ist genauso treffsicher und scharf wie ein schweres, aber es tanzt. Anders als, ähm, ein Hackebeil zum Beispiel. Es ist der Bruce Lee unter den Schwertern.
In „Denkmal“ hast du mit Wir Sind Helden eben jenes Denkmal besungen, dass man euch als Band in der einen oder anderen Form errichtete. Ist dein aktuelles Soloalbum nun dein eigenes, persönliches Denkmal?
Hoffentlich nicht! Wenn, dann wären wir Helden auf Dauer vielleicht tatsächlich Gefahr gelaufen, unser eigenes Denkmal zu werden - auch wenn wir uns, wie ich finde, dagegen immer erfolgreich gewehrt haben. Aber wer weiß, wie lange das noch geklappt hätte! Man soll immer aufhören, bevor man einen Betonsockel an den Füßen hat.
Ich weiß zwar nicht für was, aber ich denke, Du gehst als Ikone durch. Gibt es etwas, für das man dich vor den Karren sperren kann?
Haha! Danke. Im Zweifel: für die Freude. Ich bin eine Freudenpriesterin, im Moment. Später werde ich Schweinepriesterin.
Nachdem ich Dir ja unterstelle, dass Du vom Fach bist: Was braucht man, um heute eine Ikone zu werden?
Schlaue Hupen. Und ein großes Gehirn.
Eine Zeitlang schien – oder scheint gar noch heute? – eine sich aus Männern rekrutierende Band mit einer Sängerin das Erfolgsrezept für Chart-Platzierungen zu sein. Wir Sind Helden wurde da gerne in einen Topf mit Juli, Silbermond und später dann Frida Gold und Jennifer Rostock geworfen. Gibt es unabhängig der Bandbesetzung etwas, dass euch mit einer dieser Bands verbunden hat?
Nein, nicht wirklich. Zumindest nicht musikalisch. Aber mit Eva Briegel bin ich gut befreundet, sie ist eine coole Socke.
Gibt es im aktuellen Musikbiz überhaupt noch Erfolgsrezepte?
Glücklichweise nicht! Das Spannende ist, das es wahrscheinlich bald alle zugeben müssen. Im Moment gleicht das Musikbusiness einer Art Rodeo auf Dinosauriern. Alle wissen, dass ihnen das Viech demnächst unterm Hintern zusammenbricht, aber trotzdem gucken alle, wer am Längsten oben bleibt.
Hast Du schon Anfragen bekommen, ob Du Jurymitglied in einer dieser Casting-Shows werden möchtest? Oder sind die Verantwortlichen dieser Shows klug genug, davon abzusehen? Oder bin ich diesbezüglich etwas voreingenommen?
Hab ich tatsächlich! Aber ich hab zu viel zu tun. Und in meiner Freizeit möchte ich ja auf dem Balkon sitzen. Oder auf meinem Sofa – und Voice of Germany gucken. Ehrlich! Ich bin Fan. Aber ich glaube, es macht mehr Spaß, das zu gucken, als es zu machen.
Anhand der Ligne Claire-Ästhetik des Wir Sind Helden-Videos „Von hier an blind“ hat man es ahnen können, aber jetzt habe ich´s gelesen: Du bist Comic-Fan, Lewis Trondheim ist Dein Lieblingszeichner. Da stellt sich die Frage: Wann gibt´s den ersten Judith Holofernes-Comic? Bushido hat ja auch einen…
Haha. Großartig! Tolle Idee. Ich habe ein Portrait, das hat Lewis mir gemalt, als wir uns für Arte mal getroffen haben, das hat einen Ehrenplatz im Studio. Er ist auch drauf, und ich schlage ihm den Kopf ab. Wir sind beide Enten, ich eine recht flotte, er eine ohne Kopf. Damit könnte man doch eigentlich in Serie gehen.