Aktuelle Fotos zeigen es deutlich: Du bist in Ehren ergraut. Was lässt Dir graue Haare wachsen?
Naja, das ist wohl die unvermeidliche Folge eines Künstlerlebens. Ich bin jetzt 42, d.h. mir bleiben nur noch wenige Jahre als Nachwuchskabarettist. Aber abgesehen davon lässt mir fast alles graue Haare wachsen. Es gibt kaum noch Anlass zu Lachen. Man kann es aber auch anders betrachten und sagen: Es ist alles nur noch zum Lachen. Ich entscheide mich für Letzteres.
„Selfie“, Dein neues Programm, feiert am 9.10. Premiere. Die meisten haben in ihren Selfies tolle Hintergründe wie die Niagarafälle, den Eiffelturm oder das Käppele. Was sind die Hintergründe deines Selfies?
Ich würde mich eher in den Nordirak stellen. Wahlweise in die Ostukraine oder Zentralafrika. Das sollte jeweils aussagekräftig genug sein – auch im Hinblick auf das Programm. In „Selfie“ geht es um Untergang und Auferstehung. Die Apokalypse steht bevor – und ich würde vorher gerne noch auferstehen. Berühmt werden auch, inklusive dem zugehörigen Reichtum. Dann würde ich mich zurückziehen und könnte den Untergang zurückgelehnt genießen.
Bereits in Deinem letzten Programm, Mathias Tretter möchte nicht Dein Freund sein, nimmst Du soziale Medien auf´s Korn. Knüpft Selfie da direkt an?
Ja, im weitesten Sinne schon. Es geht zwar diesmal nicht primär um soziale Medien, aber als Alltagsphänomen kommt man ja gar nicht mehr um die herum. Ich selbst komme zwar ohne aus, aber wenn ich z.B. Zug fahre und alle um mich rum twittern und whatsappen und wasweißichalles, dann wirkt sich das natürlich auch auf meinen Alltag aus. Gerade auch diese Formen der Selbstinszenierung: Das Internet hat Großes geleistet, wenn es darum geht, sich selbst mit seinem Essen publik zu machen.
Einen Facebook-Account hast Du aber…
Schon, aber der wird von meinem Management betreut. Das steht da auch in den Infos. Ich selbst schaue da etwa alle sechs Monate mal rein – wenn mir jemand sagt, ich solle das doch mal tun.
Du bist ja gebürtiger Würzburger, mittlerweile aber Wahl-Leipziger. Wird man den inneren Franken jemals los?
Nein, im Gegenteil: Er wird stärker! Seit ich nicht mehr hier bin, bin ich viel fränkischer, als ich es zuhause noch war. Als Exilant kommt das deutlich hervor. Mittlerweile bin ich viel lieber in Würzburg als damals, als ich noch dort wohnte.
Man lernt wohl erst in der Ferne, was man zuhause nicht vermisst.
Ja, das zum einen. Zum anderen, so habe ich zumindest das Gefühl, ist das eine Altersfrage. Im Alter bildet sich für einen selbst mehr heraus, was einen geprägt hat.
Was war das denn zum Beispiel?
Ach, zum Beispiel die typische fränkische Rotzigkeit. Die schätze ich mittlerweile sehr. Ich mag das, in Würzburg anzukommen und direkt angeranzt zu werden.
Wie läuft denn eigentlich die Zusammenarbeit mit Mathias Repiscus, Deinem Regisseur? Wie stellt man sich das vor?
Die Arbeit ist zweigeteilt. Zuerst komme ich mit einem Text an, den ich für großartig halte. Dann kommt Mathias und sagt: "Schmeiß´ die Scheiße weg." Er sorgt dafür, dass ich mich thematisch nicht verrenne. Das ist das eine. Das andere sind inszenatorische Elemente. Die spielen bei mir zwar keine allzu große Rolle – ich mache ja keine Flik Flaks oder so, die eine Choreographie benötigen –, aber was die Abläufe betrifft, ist das schon auch wichtig.
Du hast ja bereits etliche Preise für Deine Bühneprogramme eingeheimst. Wie groß ist deren Bedeutung innerhalb von Kabarettkreisen?
Auch, wenn sie keine Bedeutung für den Erfolg haben, sind sie zu 100 Prozent relevant. Es ist nämlich so, wie schon Billy Wilder ganz treffend sagte: Preise sind wie Hämorrhoiden – irgendwann kriegt sie jeder Arsch. Mal ganz abgesehen davon, dass es nun auch nicht gerade viele Kabarettisten gibt. Wie viele gibt´s denn in Deutschland? 200? 300? Da kommt jeder mal dran. Ist aber auch egal: Ich glaube, die Leute interessiert das eh nicht.
Mit Nachgetrettert hast du ja auch eine regelmäßige Jahresrückblicks-Reihe. Kommst Du bei all dem, was schief läuft, mit dem NachTrettern eigentlich nach?
Nein, ganz und gar nicht. Im Grunde würden bereits die Schreckensmeldungen eines einzelnen Tages für ein abendfüllendes Programm reichen. Das wäre allerdings etwas unökonomisch. Daher findet auch eine regelmäßige Kolumne von mir auf WDR 5 statt.
Du bist ja studierter Germanist. Wenn alle Stricke reißen: Wärst Du bereit für eine Uni-Laufbahn? Oder geht´s gleich ins Dschungelcamp?
Ein Germanistikstudium ist ja bereits ein gerissener Strick. Von daher… Promi Big Brother statt Dschungelcamp. Aber mal ganz ehrlich: Ich hätte mich als Forscher sehr gerne mit der deutschen Sprache beschäftigt. Mir wurde allerdings schnell klar, dass ich nicht im universitären Umfeld arbeiten möchte. Die Vorstellung, ständig seinem Professor zuarbeiten zu müssen, hat mich abgeschreckt. Meine Liebe zur Literatur ist diesbezüglich einerseits zu groß, andererseits vielleicht auch nicht groß genug.
Da hast du dann lieber den leichten Weg einer Kabarettisten-Laufbahn eingeschlagen…
Ja, absolut. Aber im Grunde bin ich ja Student geblieben: Abends muss ich arbeiten, und tagsüber schreibe ich was. Der einzige Unterschied ist die elende Herumfahrerei. Das bringt mich ab und zu an meine Grenzen. Aber sonst… ist alles okay!