© Mario Schmitt
„Es riecht hier nach Herbst“, heißt es so schön bei Joseph Roth. Der Herbst, das ist die Jahreszeit der Dichter. Herbst ist dann, wenn die Dinge fallen. „Die Blätter“ sind es bei Eichendorff, „die Ähre“ bei Storm. „Wir alle fallen“, schrieb Rilke. Wenn die lichten Tage kürzer werden, ist es an der Zeit, die Seiten aufzuschlagen und bei einer Tasse Tee in süßer Wehmut zu versinken. Wie gerufen kommt da der Literaturcafé Herbst im Falkenhaus.
Am 28. September liest Eva Büttner-Egetemeyer aus „Die Frauen der Familie Carbonaro“ von Mario Giordano. Während sein erstes Buch „Terra di Sicilia“ hauptsächlich vom Leben des Patriarchen Barnaba Carbonaro erzählt, rückt Giordano im zweiten Teil der Saga die Frauen seiner deutsch-italienischen Familie in den Mittelpunkt. Er lässt die bewegten Schicksale von Pina, Anna und Maria erstehen, die in einer stark patriarchalisch geprägten Gesellschaft ihren Weg in ein selbstbestimmtes Leben verfolgen. Immer umgeben von den alten Geistern der Vergangenheit, die allgegenwärtig scheinen. Giordano nimmt die Leserinnen und Leser in opulenten Bildern mit bis ins archaische Sizilien Ende des 19. Jahrhunderts. Er gibt den Frauen der Familie eine Stimme – und zeigt einmal mehr, dass Emanzipation keine Selbstverständlichkeit ist.
Susanne Matthiessens Roman „Lass uns nochmal los“ steht im Mittelpunkt der Lesung mit Isabel Fraas am 9. November. Darin nimmt sich die Journalistin und Autorin die Frauen ihrer Boomer-Generation vor: In den Achtzigern flohen Susanne und ihre Freundinnen vom Spießbürgertum nach Berlin Kreuzberg, damals Mythos und Synonym absoluter Freiheit. Hier kämpften sie für Frieden, die Umwelt und Gleichberechtigung. Vierzig Jahre später sehen sich die Frauen mit einer ernüchternden Realität konfrontiert, denn die große Freiheit hat heutzutage ihren Preis. Nun kämpfen die vergessenen Vorreiterinnen von damals gegen ihren Abstieg. Entschlossen starten sie eine neue Revolution. Ganz wörtlich „von unten“.
Am 7. Dezember liest Referentin Eva Büttner-Egetemeyer aus ihrem Buch „Häutung“, das 2022 im Verlag Königshausen & Neumann erschien, sowie aus ihrer noch unveröffentlichten Textsammlung „Was noch zu sagen wäre“. Die Autorin, die Romanistik und Anglistik in Würzburg studierte, schreibt nachdenkliche, heitere und auch kritische Texte über Momente, die sie selbst erlebt hat, die andere Menschen ihr erzählten oder solche, die ihr vom eigenen Leben diktiert wurden. Ein anschließender Meinungsaustausch ist gerne erwünscht.
Alle Lesungen beginnen um 16 Uhr und dauern jeweils anderthalb Stunden. Die vorherige Lektüre der Bücher ist nicht zwingend, Ziel der Veranstaltung ist das gemeinschaftliche Erleben von Lesen und Literatur.