Am 16.7. kommen Silbermond mit leichtem Gepäck nach Bad Kissingen: Sie geben ein Konzert im Luitpoldpark. Wir sprachen vorab mit Sängerin Stefanie und Drummer Andreas – über frühere Rockröhren, die Gegenwart in Sachsen und die eigene Zukunft.
Stefanie, Du hast als Quasi-Prototyp einer neuen Generation von Sängerinnen ein Gesicht gegeben – und bist dadurch zum Vorbild geworden. Wer waren Deine Vorbilder, als Du noch keine Berühmtheit warst?
Stefanie: Schwer zu sagen. Aber um Dir mal ein Beispiel zu geben: Die allererste Single, die ich mir gekauft habe, war „Ironic“ von Alanis Morisette. Man bewundert ja immer Leute, die sich Sachen trauen, die man sich selbst nicht traut – und Alanis war damals schon eine sehr extrovertierte Bühnenpersönlichkeit. Das habe ich mir auch aneignen wollen.
Ich habe mal überlegt, welche berühmten Sängerinnen es früher gegeben hat. Dabei habe ich festgestellt: Wenn man nicht gerade Tracy Chapman oder Nina Simone ist, bekommt man gerne eine Beschreibung zugeschoben. Gianna Nannini ist die Rockröhre, Doro Pesch die Queen Of Metal. Welche Beschreibung würde auf Dich zutreffen?
Stefanie: Ach, das ist doch egal. Es gibt heute so viel gute Musik von so vielen guten Bands. Das ist super – auch insofern, als dass sich da Begrifflichkeiten auflösen. Heute ist es egal, ob etwas Pop, Rock oder Rap ist.
Andreas, früher warst Du ja neben Thomas, Eurem Gitarristen, für den Großteil des Songwritings verantwortlich. Wie ist da heute? Wie entstehen Eure Songs?
Andreas: Das passiert gemeinschaftlich. Unser musikalischer Häuptling ist aber Thomas. Der hat immer wahnsinnig viele geile Ideen – sowohl musikalisch als auch textlich. Er macht viel gemeinsam mit Stefanie, und hinterher gebe ich noch meinen Senf dazu.
Stefanie: Da muss man jetzt aber schon noch ergänzen, dass Andreas gerade textlich noch viel beisteuert. Er ist unser Mann für ausgefallene Textideen. Außerdem kommt er dauernd mit Wörtern an, auf die ich nie kommen würde.
Mir ist aufgefallen, dass bereits Eure Albentitel eine Geschichte erzählen: Der Spruch „Verschwende Deine Zeit“ war nur „Laut Gedacht“, weil es ist „Nichts Passiert“. Dann aber ging der „Himmel Auf“ und setzte „Alles Auf Anfang“. Was geschieht dann?
Andreas: Ähm… der Himmel öffnete sich und… man sah… einen Koffer ohne Steine.
Ich habe mir ja erhofft, dass Deine Antwort mich ein bisschen an dem teilhaben lässt, was sich in naher Zukunft bei Euch tun wird…
Stefanie: Ach, die letzte Platte ist ja noch neu. Unser aktueller Plan ist, sie hinaus in die Welt zu tragen. Für uns ist die Bühne ja ein schönes Zuhause. Deswegen freuen wir uns auf die Tour und auf´s Unterwegssein. Klar gehe ich auch gerne in´s Studio, um Songs aufzunehmen, und überhaupt mag ich die Vielseitigkeit am Musikerdasein. Aber auf Tour zu gehen mag ich am liebsten. Man hat seine Songs fertig und will sie allen zeigen.
Wenn ihr auf Tour seid, dann reist ihr ja zwangsläufig – analog zu Eurem aktuellen Album – mit leichtem Gepäck. Der gleichnamige Song handelt von all den Sachen, von denen man sich nicht trennen kann, obwohl sie einen belasten. Von was könnt Ihr Euch nicht trennen?
Andreas: Von kaputten Schlagzeugstöcken. Das ist ganz schlimm.
Dann mach´s doch wie die anderen Drummer: Einfach in´s Publikum schmeißen.
Andreas: Das kann ich nicht. Vielleicht sollte ich mir da wirklich helfen lassen.
Stefanie: Zum Glück hat er Bandmitglieder, die die Dinger entsorgen, wenn er nicht hinkuckt.
Und wovon kannst Du Dich nicht trennen, Stefanie?
Stefanie: Davon, mich reinzusteigern. Bei mir geht´s da weniger um irgendwelche Sachen, sondern mehr um´s emotionale Gepäck. Ich bin halt ein sehr impulsiver Mensch, der zu allem eine Meinung hat.
Bleiben wir beim leichten Gepäck: Das Album habt ihr ja in Nashville, Tennessee, aufgenommen – eine Stadt, die als Country-Hochburg gilt. Ist das eigentlich noch so?
Andreas: Eigentlich nicht. Klar gibt es diese Historie, aber Nashville ist ganz allgemein eine Musikstadt. Country ist da eine große Stütze, aber aus Nashville kommen ganz viele unterschiedliche Sachen. Ich liebe die Stadt, man trifft dort ganz viele Musiker. In dem Studio, in dem unser Album entstanden ist, hat z.B. schon Neil Young aufgenommen.
Okay, bleiben wir beim Country, bei unserem – und blicken wir mal in Eure Heimat. Ihr kommt ja ursprünglich aus Sachsen. Was empfindet Ihr als Musiker, die sich schon seit langem gegen Rechtsextremismus einsetzen, angesichts der Ereignisse wie dem in Claußnitz, mit denen Sachsen zur Zeit immer wieder in die Schlagzeilen gerät?
Stefanie: Da macht sich bestimmt jeder seine Gedanken, wir uns als Band natürlich auch – zumal es unsere Heimat betrifft. Da fragt man sich dann schon: In welchem Land möchte ich leben? In was für einer Gesellschaft? Zumindest das kann man schon mal mit sich selbst ausmachen, wenn man nicht gerade selbst ein Politiker ist. Ich finde es toll, in einem freien Land zu leben, in dem ich reisen kann, in dem ich studieren kann und in dem es Gleichberechtigung gibt und wo ich glauben kann, was ich will. Wir haben eine Demokratie, und für die haben wir gekämpft. Wenn das so bleiben soll, dann muss man fragen: Wo kommen all diese Ängste her? Woher all der Hass? Man muss schauen, dass man dagegen ankommt. Das ist eine Herausforderung, der man sich am besten gemeinsam stellt. Zusammen geht es besser als alleine. Daran glaube ich fest.