Rantanplan kamen am 19. September 2016 nach Schweinfurt. Wir sprachen mit Sänger Torben über das Texte schreiben, den Rantanplan-Stil und seine Heimat Hamburg.
Die Band Rantanplan wurde nach dem Hund der Comic-Figur Lucky Luke benannt. Waren Lucky Luke oder andere Comic-Serien prägend in deiner Kindheit?
Rantanplan war tatsächlich mein Lieblingscharakter der Lucky Luke Reihe. Die Serie selbst hat allerdings eher eine untergeordnete Rolle gespielt. Comics stellten meine kindliche Sozialisation dar. Meine Eltern hatten Angst, dass ich nie lesen lernen werde, weil ich nur Donald Duck Bände und nie ein Buch in die Hand nahm. Eine ganz besondere Anziehungskraft hatten auch die amerikanischen Comics vom Flohmarkt. Ich wusste immer um was es ging, obwohl ich kein Englisch konnte.
Die Texte eurer Songs sind hauptsächlich auf Deutsch geschrieben. Was glaubst du hat die deutsche Sprache für eine Auswirkung auf den Klang der Musik?
Der Klang wird bestimmt härter. Wenn man gemein sein möchte, könnte man auch sagen dass es plumper klingt. Vor 20 Jahren habe ich noch Worte in Texten benutzt, die gar nicht singbar sind: Mietvertragskündigung zum Beispiel. Die Sprache ist hart, genau wie Russisch. Deutsche Schlagermusik ist in Russland der absolute Renner. Die Zeit der Dichter und Denker ist zwar schon lange vergangen, aber die Möglichkeit sich sehr intellektuell auszudrücken besteht natürlich immer noch. Das ist zum Beispiel im Englischen so nicht möglich. Oft bringen wir auch spanische Elemente in Songs mit ein. Allerdings beherrsche ich die Sprache natürlich nicht halb so gut wie meine Muttersprache, dennoch liebe ich sie. Und ich habe zu wenig Zeit und zu wenig Lust, Vokabeln oder grammatikalische Regeln zu büffeln. Ich lese gerade Krieg und Frieden von Leo Tolstoi und viele Passagen sind auf Französisch geschrieben. Das ist sehr anstrengend. Französisch gehört für mich zu den Sprachen, die ich nicht sehr gerne höre.
Wie hat sich die Herangehensweise an die Albumproduktion und das Texteschreiben in 20 Jahren Bandgeschichte gewandelt. Oder ist alles immer noch so wie beim ersten Album?
Veränderungen gibt es da natürlich. Besonders beim Texten. Die größte Schwierigkeit nach 150 Rantanplan-Songs ist es ein Thema zu finden, welches überhaupt noch interessant ist und welches natürlich auch mich noch interessiert. Schließlich möchte ich auch nichts wiederholen. Der eigne Anspruch wächst mit der Zeit. In den letzten zwei Wochen zum Beispiel habe ich nicht mehr als zwei Sätze geschrieben. Man wird einfach verkopfter. Da hilft auch jede Menge Schnaps nicht. Für das Debüt-Album hat man seine gesamte Jugend Zeit. Das zweite Album ist schon nur auf ein Jahr begrenzt. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, an dem wir uns eine gewisse Ruhe im Kreativprozess leisten können. Wenn wir 27 Songs aufgenommen haben und davon 26 Stück unseren Ansprüchen nicht genügen dann kann es gut sein, dass man alles schonmal über den Haufen wirft und von vorne anfängt. Schließlich soll jedes Album immer noch besser werden als der Vorgänger.
Schreibst du insgesamt mehr Texte als früher?
Ich schreibe wesentlich mehr als damals. Man achtet viel mehr darauf, dass keine Widersprüche entstehen. Die Codes sollen für den Hörer knackbar sein. Allerdings werden Musik oder Meinungen heutzutage oft nur noch oberflächlich betrachtet. Werte werden einfach übernommen und die Menschen denken selbst nur noch selten nach. Früher machte man sich zum Gespött, wenn man als Band einen Sponsor hatte, heute interessiert das keinen mehr. Es wird einfach zur Kenntnis genommen ohne Konsequenzen daraus zu ziehen. Ich versuche mit meinen Texten einen Gegenpol zu dieser Anspruchslosigkeit und Oberflächlichkeit zu schaffen.
Im Song „Natural Born Altona“ geht es um Gentrifizierung. Wie entsteht so ein Text? Plant man lange ein solches Stück zu schreiben oder ist es eher die spontane Wut, die einen überkommt?
Die Hookline für diesen Song ist sogar schon fast zwei Jahre alt. Der Satz „Irgendwo neben den Straßen Hamburgs ging mein Herz verloren“ war als Signatur auf meinem Handy zu lesen. Ein Grafiker aus Neuseeland mit dem wir zusammenarbeiteten setzte den Spruch dann einfach unter unseren Schriftzug. Ein umgekippter Stacheldrahtzaun auf einer Baustelle war ebenfalls auf dem Motiv zu sehen. Das war dann meine Inspirationsquelle und der Song war innerhalb einer Nach geschrieben. Unser Album „Pauli“ ist ein Konzeptalbum über unser Viertel. Da musste natürlich auch erwähnt werden, dass das Bezirk nach und nach aufgekauft und saniert wird, um dann immer mehr Geld damit machen zu können. Früher waren hier überall Punks, heute sitzen Hipster an jeder Straßenecke und trinken Kaffee für drei Euro. Ich selbst musste auch meine Wohnung schweren Herzens verlassen, weil ich dort „wegsaniert“ wurde. Keiner will diese Neubauten und Trenddiskos hier. Der Kiez soll der Kiez bleiben.
Wem würdest du den Song gerne einmal vorspielen? Hast du eine spezielle Person oder Gruppe im Kopf?
Die ganzen Kaffeeidioten sollen alle dieses Lied hören, bis sie den Song begriffen haben. Jeder sollte dazu stehen, wo er herkommt und lieber die Fahne seiner eigenen Heimat hochhalten. Wer aus dem Allgäu kommt, soll auch dazu stehen. Ich bin offen für Austausch, aber der Zustrom nach Hamburg hat für mich monomagnetistische Züge. Jeder zieht nach Berlin und nach Hamburg und der Rest verödet.
Im Song „Wir sind nicht die Onkelz“ besingt ihr die Tatsache, dass ihr nicht die Böhsen Onkelz oder irgend eine andere Band seid, sondern dass ihr Rantanplan seid. Wie wichtig ist es euch aus der Masse herauszustechen und findest du, dass vieles aus dem Bereich des Deutschrock zu ähnlich und kopiert klingt?
Sehr vieles klingt gleich. Entweder wollen die Bands wie „Dackelblut“ klingen, die es schon lange nicht mehr gibt. Oder sie wollen klingen wie „Hot Water Music“. Das finde ich tierisch langweilig. Wir machen Ska-Punk und sind offen für alles.Wir lassen uns nicht begrenzen. Das ist auch genau das, was ich an den „Ärzten“ so toll finde. Da wusste man nie, was als nächstes kommt. Wir wollen auch nicht berechenbar sein. Grundsätzlich fahren wir unseren eigenen Stil, doch bei uns wird eben der Off-Beat großgeschrieben.
Welche Auswirkungen haben Mitgliederwechsel innerhalb der Band auf den musikalischen Schaffensprozess?
Jeder in der Band hat seinen eigen Stempel und genau den drückt er dem Soundbild auch entsprechend auf. Wenn jemand neu in die Gruppe einsteigt und Ideen für Songs mitbringt dann freut mich das sehr. Es würde mich furchtbar langweilen, wenn nur das umgesetzt wird, was aus meinem Kopf kommt. Allerdings erinnere ich Jeden auch immer daran, dass Rantanplan nicht auf der Suche nach dem großen Coup ist. Wir wissen schon genau, wie wir klingen wollen.
Pauli wird als euer bestes Album bezeichnet. Würdest du da zustimmen? Was ist dein Lieblingsalbum von Rantanplan?
Pauli ist ein sehr gutes Album. Aber wie so oft gehen die Meinungen natürlich auseinander. Meisten bekomme ich zu hören, dass unser Album Samba das tollste Werk sein soll. Als die Platte aktuell war, wurde allerdings keine lobende Stimme laut. Für mich ist es ganz schwer zu sagen welches Album ich am liebsten mag. Es sind ja alle meine Babies. Am meisten Arbeit und Herzlbut habe ich definitiv in die Samba-Platte gesteckt. Zu der Zeit fanden zwei Mitgliederwechsel statt und wir haben die gesamte Platte in geänderter Formation ganz neu aufgezogen. Die Phase war sehr anstrengend aber auch unglaublich schön. Als Band sind wir hier richtige Freunde geworden.
Was kann man in nächster Zeit erwarten? Was sind deine abschließenden Worte?
Wir nehmen gerade ein neues Album auf und sind auf 20 Jahre-Tour. Wir werden eine exklusive Show in Moskau spielen und hoffen, dass es immer wieder neue Stück geben wird. Nach der Tour wird dann auch hoffentlich mein Sohn gesund auf die Welt kommen. Das wird dann mein persönliches Projekt sein. Wir wollen selbstverständlich das Beste Album machen, das Rantanplan je gemacht hat. Und das wir verdammt schwer. Jetzt werde ich mir erstmal ein gesundes Thai-Curry zubereiten und wünsche allen Menschen, dass sie sich ebenfalls bewusst ernähren. Es fühlt sich einfach besser an. Sogar schon nach wenigen Stunden. Ich bin kein Veganer oder Vegetarier und mit Tierschutz habe ich nichts zu tun. Allerdings glaube ich, dass wenn sich die Menschen gesünder ernähren würden, sie auch besser denken und handeln könnten. In diesem Sinne: Genießt euer Essen.