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EAV
Die österreichische Kultband EAV legt mit „Alles ist erlaubt“ ihr 17. Studioalbum vor – und feiert nächstes Jahr ihr 40. Bühnenjubiläum. Die Jubiläumstour „Alles ist erlaubt – 1.000 Jahre EAV“ begehen sie als (erste) Abschiedstour, danach soll Schluss sein. Wir sind gespannt, ob das stimmt… und auf das Konzert in Würzburg! Beim Interview waren Sänger Klaus Eberhartinger und Mastermind Thomas Spitzer jedenfalls bester Laune – obwohl ihr finaler Pressetermin, wo wir mit ihnen über Bombendrohungen, Windmühlenkämpfe und neue Tanzschritte sprachen, nicht auf dem Zentralfriedhof stattfinden konnte und leider ohne Sargträger auskommen musste…
In über 40 Jahren EAV habt ihr konsequent Missstände anprangert – wobei Ihr Euch zwangsläufig gegen immer die gleichen richtet, es ist ein Kampf gegen Windmühlen. Wie schafft man es da, nicht zu resignieren?
Thomas Spitzer: Die Missstände haben sich alle verschärft, die Menschheit wird offensichtlich nicht klüger. Das ist traurig. Als wir z.B. den „Burli“ längst ad acta gelegt hatten, gab´s den Supergau in Fukushima. Grausig!
Klaus Eberhartinger: Wir waren auch immer gegen rechts, haben immer unsere Stimme erhoben, und müssen in dieser Hinsicht nach wie vor schlimme Dinge erleben. Aber wir resignieren deswegen nicht. Wir halten es da wie Kraftklub, die im Zuge der #wirsindmehr-Demo erklärt haben, dass man von der Bühne aus nicht die Welt verändern kann – was allerdings nicht bedeutet, dass man es nicht versuchen soll. Sich zu positionieren, wenn´s drauf ankommt, sollte verständlich sein. Wenn jemand neben Dir die rechte Hand hochreißt und irgendwas von „Adolf Hitler Hooligans“ rumgröhlt, dann muss man dem sagen: Bist Du deppert?!“ So schaut´s aus.
Thomas Spitzer: All das, was uns heute beschäftigt, ist auch gar nicht neu. Zukunftsforscher haben schon vor über 30 Jahren prognostiziert, dass afrikanische Migration unausweichlich ist. Konzepte, um den Kontinent zu stärken, anstatt ihn auszubeuten, gibt es längst. Verantwortliche Politiker sind sich bei so etwas ja auch schnell einig und sagen dann: „Ja, da sollte man etwa tun“. Das klingt natürlich erst mal gut. Leider ist dieses „sollte“ ein verflucht gefährliches Wort.
Bleiben wir bei der Politik: In Eurem neuen Song „Trick der Politik“ heißt es: „Notfalls tritt man kurz zurück und wird das, was man längst ist, nämlich Wirtschaftslobbyist“. Ist es wirklich so schlecht um unsere Politiker bestellt?
TS: Zumindest gibt es dafür etliche Beispiele. Daher würde ich auch nie Politiker werden wollen. Als Politiker wirst Du permanent zum Lügen genötigt. Wer die Wahrheit sagt, ist sofort weg vom Fenster.
KE: Du wirst einfach gezwungen, Deine Werte zu verwässern und Dinge schönzureden. Alleine schon, weil Deine Wähler es nicht gerne hören, wenn es Probleme gibt.
Früher habt Ihr mit dem „Tanz Tanz Tanz“ den Apokalypso und den Untergangs-Cha-Cha-Cha angestimmt, auf Eurem neuen Album ladet ihr zum „Salatisten-Mambo“. Ist der dafür geeignet, um den Untergang zumindest hinauszuzögern?
TS: Die beiden Songs kann man nicht unbedingt gegenüberstellen. Dem „Salatisten-Mambo“ ging ein anderer Antrieb voraus – der, dass vier Mitglieder der EAV-Family Veganer sind. Die essen uns das vegane Essen vom Catering weg, aber es gab noch keinen Song über sie. Ich fand das unfair – und hab sofort das Lied geschrieben. Während einer Tour, auf der Fahrt von Hamburg nach Stuttgart, mit nichts Brauchbarem mehr im Kühlschrank als Alkohol.
KE: Sich vegan zu ernähren ist für die Umwelt zunächst natürlich gut. Man muss aber aufpassen, wenn aus guten Ansätzen ein Lifestyle wird, dem es zuallererst um den Look geht. Und um Profit.
TS: Aber wie das immer so ist bei der EAV: Jeder Trend, mit dem sich viel Geld verdienen lässt, ist für uns – da sind wir wieder beim Thema – ein gefundenes Fressen. Dabei bewahren wir uns ein Augenzwinkern. Veganer haben in vielen Dingen Recht. Trotzdem besteht für mich kein Widerspruch darin, gegen Massentierhaltung zu sein und den veganen Lifestyle kritisch zu sehen. Aber um zur Frage zurückzukommen: Schuhe aus veganem Plastik halten den Untergang genauso wenig auf wie Lederschuhe.
Als Band seid ihr oft angeeckt. Es gab eine Bombendrohung von Neonazis, eine Klage von Jörg Haider und diverse Radio-Boykotts. Was war die absurdeste Reaktion auf Eure Songs?
KE: So richtig absurde Reaktionen, so dass wir sie gar nicht nachvollziehen konnten, gab es eigentlich nicht. Ob sie überzogen waren, steht natürlich auf einem anderen Blatt.
TS: Vielleicht kann man sagen, dass mit dem Aufkommen des Internets bzw. mit Social Media Sachen passiert sind, die absurd waren. Als wir den Song „Lederhosen-Zombies“ herausgebracht haben, traf uns eine Flut von merkwürdigen Beschimpfungen. Da hieß es dann z.B. „Vaterlandsverräter verrecke“, auch der Felix Baumgartner ist da mit aufgesprungen. Dabei war mein Antrieb beim Schreiben von „Lederhosen-Zombies“ der, dass mir alles Angst macht, was armeemäßig, in tausendfacher Ausführung, auf mich zukommt – egal, ob das jetzt Leute in Lederhosen oder in Polizeiuniformen sind.
KE: Die sozialen Medien sind halt Segen und Fluch zugleich. Zumindest letzteres ist Fakt. Und ihr großer Meister ist der Präsident der USA. TS: Ja, der zeigt, wie die Welt im Kern wirklich tickt. Da gibt´s dann auch gar nichts mehr zu karikieren.
Dann sind wir ja beim Stichwort „Verbrecher“ angelangt: Euer Song „Ba Ba Banküberfall“ erschien 1985 – und ist insofern ein Klassiker von deutschsprachigem Gangsta-Rap…
Beide: (Gelächter) … Ja, bestimmt kann das irgendwie so sagen.
KE: Die Vorgeschichte zu dem Song war ein dilettantischer Bankraub in München. Da wollte einer Geld erzwingen, mit Strumpf über´m Kopf und Pistolenattrappe. Die Bankangestellten haben aber nix rausgerückt. Dann ist er gegangen – und hat blöderweise seinen Tasche liegenlassen, mit Ausweis und allem.
TS: Die Geschichte vom kleinen Loser, das war schon immer das Prinzip der EAV. Jeder kennt Leute wie den „Märchenprinz“ oder den Spargeltarzan von der „Copacabana“ – und kann sich daher mit unseren Figuren identifizieren.
Die Geschichten, die ihr auf euren Alben erzählt, stehen konsequent in einem übergeordneten Kontext, mit entsprechendem Artwork und Bühnenrequisiten…
TS: … schon, aber die Geschichten waren immer zuerst da. Erst dann haben wir versucht, sie in einen Rahmen zu stellen. Die einzelnen Songs machen das dann mehr oder weniger naheliegend. Bei „Geld oder Leben“ war das kein Problem. Mit Songs wie „Ba Ba Banküberfall“, „Küss die Hand Herr Kerkermeister“ oder „Heiße Nächte in Palermo“ war die LP nun mal ein Krimi.
KE: Wir haben aber schon auch mal herumschmieden müssen, bis wir das richtige Motto gefunden haben. Zum Glück gibt´s aber immer passende Stichworte wie „Liebe, Tod und Teufel“, denn so ist das Leben.
Bei uns in Würzburg steht ja im Oktober die Landtags- und Bezirkstagswahl an. Gibt es etwas, dass ihr der AfD und Konsorten noch mit auf den Weg geben wollt?
KE: Nein, denen will ich gar nichts geben, höchstens Steine in den Weg. TS: Lieber würde ich den Wählern etwas mit auf den Weg geben, auch wenn sie verdrossen sind. Und zwar eine gewisse politische Grundbildung. Sie sollen nachdenken, die Wut außen vor lassen – und nicht die Wahl dafür missbrauchen, um irgendjemanden eins auszuwischen.