© Bastian Bielendorfer
BastianBielendorfer
Du fängst jetzt bald mit deinem neuen Programm an. Bist du schon aufgeregt?
Ne, ich bin nicht aufgeregt. Eigentlich bin ich nie aufgeregt, zumindest nie so wirklich. Ich komme aus Westfalen und viel nüchterner als der Menschenschlag von dort kann man nicht sein. Ich war selbst nicht aufgeregt als ich letztes Jahr bei der XXL Nacht in Köln vor 15.000 Menschen spielen durfte. Meine Frau hat gesagt, ich hätte einen Hirnschaden, weil ich nicht aufgeregt war. Diese Aufgeregtheit habe ich irgendwie nicht.
Das ist doch eigentlich ganz entspannt, wenn man gar nicht so aufgeregt ist bei einer Show.
Ja. Also glaub mir, es ist viel anstrengender, wenn man sich die ganze Zeit in die Hose kackt. Es gibt durchaus Kollegen, die das tun. Ein Berufsleben, in dem man 40 Jahre lang aufgeregt ist, stell ich mir doch sehr anstrengend vor.
Angefangen hat das alles mit deinem Auftritt bei „Wer wird Millionär“, als dein Vater sich darüber lustig gemacht hat, dass du schon so früh in der Show deinen Telefonjoker nutzen musstest. Ist es denn oft so, dass du und dein Vater euch gegenseitig anstachelt und Witze übereinander macht?
Natürlich. Also mein Vater ist Vollblutpädagoge bis zum Gehtnichtmehr. Er kann bis heute meine Zeichensetzung bei Texten nicht ertragen, er verbessert mich konstant. Er hat alle vier Bücher, die ich geschrieben habe, Korrektur gelesen. Und das ist ein liebevolles Verarschen, kann man sagen, aber nicht bösartig. Wir sind schon eine enge Familie, aber wenn wir uns unterhalten,
ist das schon ein Stück weit die Klugscheißer-Weltmeisterschaft. Das ist in vielen Lehrerhaushalten so.
Hast du deinen Humor von deinem Vater?
Ja, das würde ich schon sagen. Mein Vater, der mittlerweile berentet ist, war an der Schule damals durchaus sehr beliebt, weil er teilweise auch ziemlich ungewöhnliche Erziehungsmethoden angewendet hat. Wenn die Schüler ihm zu laut waren, hat er z. B. einfach die Zeitung aufgeschlagen und solange laut gelesen bis irgendwann Ruhe war. Er war also in vielerlei Hinsicht ziemlich skurril. Aber er war ein guter Lehrer. Die Leute mochten ihn, glaube ich.
Hast du auch eine persönliche Lieblingsstory oder -anekdote?
Ja, quasi die Uranekdote. Wenn mich ein Publikum gar nicht kennt, in Würzburg war ich z. B. noch nicht auf Tour, erzähle ich die „Wer wird Millionär-Geschichte“. Die süddeutschen Menschen lachen auch über andere Dinge als die westdeutschen oder die norddeutschen, und die Geschichte verbindet eigentlich alle. Weil jeder das Gefühl nachempfinden kann, wie das ist, wenn du auf diesem Stuhl sitzt. Du willst nichts anderes als diese doofe Million gewinnen, du rufst deinen Vater an, acht Millionen Menschen schauen und hören zu, während du gerade mit deinem Vater telefonierst,der das Gespräch mit den Worten „Bei 8.000 Euro ruft mein Sohn mich schon an, der ist adoptiert“ eröffnet. Er war wirklich ernsthaft enttäuscht im Fernsehen, dass ich ihn wegen 8.000 Euro angerufen habe. Und das ist so die Geschichte, die den Weg zu all dem geebnet hat, was ich heute tue.
Geht's dann in deinem neuen Programm auch wieder hauptsächlich
um die Geschichten eines Lehrerkindes?
Das Lehrerkind kommt weniger vor. Es kommt vor, weil meine Eltern natürlich Teil der Geschichte sind oder mein Waldorfneffe Ludger, der auch im ersten Programm schon vorkam.
Aber grundsätzlich geht’s eher darum, dass ich keine Kunstfigur bin. Deswegen hab ich das Programm auch so genannt. Viele Comedy-Figuren, die wir in den letzten Jahren hatten, haben sich Sprachfehler antrainiert. Ich habe meinen Sprachfehler, ich lispel, das ist leider so. Oder andere haben Jogginganzüge angezogen, um etwas darzustellen, was sie nicht sind. Und in meinem Fall ist die Wirklichkeit schon so lustig, dass ich mich nicht verstellen muss. Das war mir wichtig. Deshalb hab ich das Programm „Lustig, aber wahr“ genannt, weil der Kern der Geschichten, die ich erzähle, immer wahr ist. Ich erzähle z. B. von meinem Heiratsantrag in der Karibik. Für mich war es sehr schlimm, dort überhaupt hinzukommen, weil ich unter massiver Flugangst leide. Beim Heiratsantrag habe ich versucht, eine möglichst romantische Situation zu schaffen, die dadurch unterbrochen wurde, dass in dem Moment, in dem ich gerade am Strand – einem verlassenen kleinen Strand – auf die Knie gehen wollte, eine zehnköpfige holländische, schwule Männer-FKK-Schwimmgruppe komplett nackt an uns vorbei lief.
Über was kannst du selbst lachen? Hast du ein Vorbild als Comedian?
Robin Williams. Und ich meine nicht den Musiker. Robin ist jetzt drei Jahre tot und der ist sicherlich der grandioseste, schnellste und klügste Komiker, oder zumindest menschlichste Komiker, den es je gegeben hat. Für die Improvisationen, die er hingelegt hat, müssen andere Monate lang schreiben, um so gut zu sein wie er. Ihn konnte man einfach so von der Leine lassen und er war grandios. In Filmen war sein Talent ein bisschen verschenkt. Filme sind immer sehr eng, denn du hast beim Film ein Drehbuch oder ein Skript und sollst genau das sagen, was da steht. Das war nicht Robin Williams. Robin Williams war eigentlich ein Bühnenkünstler und deshalb fand ich ihn wahnsinnig toll. Ich hätte ihn wahnsinnig gern mal getroffen.
Was müssen deine Kinder später einmal durchmachen, mit einem Comedian als Vater?
Ich werde sicherlich über das Leben mit ihnen berichten. Ich habe gestern Abend erst mit Freunden gegessen und danach auch darüber getweetet. Deren zweijähriger Sohn hat nämlich einen Wut- und Schreianfall mit hochrotem Kopf bekommen, weil er eine Kackwurst gemacht hatte und er sie uns zeigen wollte, aber der Vater sie einfach runtergespült hat. Und wenn man dann wirklich am Esstisch sitzt und neben dir ein Zweijähriger heult, weil er dir seine Kackwurst nicht zeigen durfte, dann ist da so viel humoristisches Potential drin, dass ich da sicherlich eines Tages ein Programm daraus machen kann.
Live in WÜ: Do., 11.4., 20 Uhr, Posthalle