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Bar Sigma
Die vier Freundinnen Anastasia, Lisa, Margarita und Sophia haben sich mit der Eröffnung ihrer Bar SIGMA in der Pleicherschulgasse einen Traum erfüllt. Wir sprachen mit ihnen über die aufregende Gründungsphase, Hürden, die es auf dem Weg in die Selbstständigkeit zu meistern gilt und darüber, wie die Balance zwischen Freundschaft und Geschäftsbeziehung gelingen kann.
Wohl jeder Freundeskreis hat nach dem dritten Bier in der Kneipe schon mal über eine eigene Bar philosophiert. Super Idee am Abend, am Morgen macht‘s dann aber doch keiner. Ihr habt’s wirklich gemacht – wie kam’s dazu?
Wir hatten tatsächlich noch nie den Plan, uns mit einer Bar oder überhaupt selbständig zu machen – jede war in ihrem Job und in einer anderen Stadt verankert. Dieser eine Satz hat unser komplettes Leben verändert: „Schade, dass wir jetzt in keiner Bar Rage Cage spielen können!”. Die Idee, die wir an diesem einen Abend hatten, haben wir so ausreifen lassen, dass wir nicht mehr loslassen konnten und wir wussten, dass wir uns selbständig machen werden. Und natürlich entstand alles bei drei Bier in einer langen Nacht. Die Idee wurde aber am nächsten Morgen bei der Frage „Wir machen es wirklich, oder?” von allen mit einem lauten und verkaterten „Ja!“ besiegelt.
Anträge, Behördengänge, Businessplan – wer eine Bar eröffnen will, braucht neben einem guten Konzept auch starke Nerven. Was waren die größten Hürden und Schwierigkeiten auf dem Weg zur eigenen Bar?
Uns wurde mal gesagt, dass jemand, der hart arbeitet, auch Glück haben darf und das stimmt. Die Idee war ausgereift, die Location wurde gefunden und der Businessplan in wenigen Nächten geschrieben. Wir haben unseren Part mit wirklich harter Arbeit erledigt und waren dann von Ämtern und Banken abhängig, ob sie unsere Idee mittragen. Fun Fact: Zwei von uns haben die letzten sieben Jahre in Berlin gewohnt und konnten kaum glauben, was wir uns hier in Bayern alles genehmigen lassen müssen.
Und ja, natürlich lief es nicht reibungslos: Eine Bank hat uns abgesagt, der Vormieter hat gedrängelt und wir sind mitten in einer Pandemie. Jede war irgendwann an dem Punkt: Ist das wirklich das Richtige, was wir hier tun oder sind wir bald die größte Lachnummer, weil es nicht klappt? Das Gute: Wir sind vier. Alle Sorgen und Zweifel liegen auf acht Schultern verteilt. Auch hier war der Drive unserer Idee entscheidend. Wir wussten einfach, dass es klappen wird und prompt kam die Zusage der Bank.
Ihr kommt alle aus unterschiedlichen beruflichen Bereichen: BWL, Marketing, PR, Events, HR Management, Psychologie und Consulting. Inwieweit haben euch eure bisherigen Joberfahrungen während der Gründungsphase geholfen?
Unglaublich viel. Zum einen ist die Idee, eine Bar zu haben, natürlich super cool, aber am Ende geht’s auch um Zahlen. Wir müssen kostendeckend arbeiten, sonst ist der Spaß ziemlich schnell vorbei und auch ein Faible für detailliertes Projektmanagement muss vorhanden sein. Zwei von uns haben BWL studiert und hätten niemals gedacht, dass sie sich nochmal mit Rentabilitäts-Vorschauen und Liquiditätsplanungen beschäftigen müssen. Ansonsten sah unser Joballtag total unterschiedlich aus: Eine hat Arbeitnehmer*innen an Großkonzerne vermittelt und sich dabei schnelles, präzises Projektmanagement angeeignet.
Die nächste hat durch die Organisation von internationalen Großevents starke Nerven und die Liebe zum Detail mitgebracht. Als Unternehmens-Consulterin weiß die dritte, wie Prozesse sinnvoll funktionieren und wieso es auf Genauigkeit bei Listen und Übersichten ankommt. Wie Kommunikation, PR und Design funktionieren, haben wir auch in petto und wie man die Aufgabenflut aus psychologischer Sicht überhaupt ange- hen sollte, damit man nicht zu Grunde geht, haben wir mit der vierten als Supervision an Bord. So haben wir die notwendigen Hard- und Soft Skills aus unseren Jobs gezogen und wenden sie in unserer Bar für uns persönlich an. Win-win.
Bevor ihr eure Geschäftsidee in die Tat umgesetzt habt, lebtet ihr in verschiedenen Städten in ganz Deutschland. Für die Bar habt ihr euer Leben ziemlich auf den Kopf gestellt, seid teilweise zurück in die Heimat gezogen. Wie hat euer Umfeld damals reagiert?
Zwei von uns haben in Berlin gelebt, eine in Frankfurt und eine in unserer Heimatstadt Schweinfurt. Während des ersten Lockdowns im letzten Jahr sind wir alle wieder – zunächst für kurze Zeit – nach Hause gekommen und haben schnell gemerkt, dass wir wieder hierhergehören. Die Idee der Bar ist dazu gekommen und die Berlinerinnen haben sich einen neuen Job und eine neue Wohnung in Würzburg gesucht. Unsere Freund*innen haben uns in der Anfangsphase unglaublich stark supportet und sind natürlich auch stolz, jetzt sagen zu können, dass sie diejenigen kennen, denen die SIGMA gehört. Unsere Familien freuen sich natürlich, dass wir wieder in der Gegend wohnen. Klar war alles Hals über Kopf, aber so haben wir eine Story zu erzählen.
Von Donnerstag bis Samstag steht ihr in der SIGMA hinterm Tresen. Wie sieht euer Arbeitsalltag an den anderen drei Tagen aus?
Wir führen die Bar nebenberuflich, das heißt wir haben alle einen Job. Wir lieben unsere Bar, aber sind ja nicht komplett wahnsinnig, unsere Jobs hinzuschmeißen. Wir sind unseren ursprünglichen Metiers treu geblieben: Eine arbeitet im Marketing/PR einer IT-Beratung, eine als HR-Managerin, eine im Projektconsulting und die vierte in der psychologischen Beratung. Wir alle lieben auch unseren Hauptjob und sind froh, dass wir Arbeitgeber*in- nen haben, die New Work verstehen: Mit hybriden Arbeitsmodellen und der notwendigen Hardware können wir von überall aus arbeiten und bekommen alles unter einen Hut.
Es geht doch im Leben darum, seinen Tag so zu gestalten, dass man abends vorm Schlafengehen sagen kann: „Nicer Tag!“. Dafür gibt es keine Work-Life-Balance, sondern nur eine Life-Balance, die man mit Dingen füllen sollte, die einem Kraft geben – sowohl im Job, als auch im Hobby. Manche gehen zum Tennistraining, manche ins Kino und wir kümmern uns eben um unsere Bar. Tagsüber geben wir Vollgas in unseren Hauptjobs und vor- bzw. nachher Vollgas für SIGMA. Dass es so gut anläuft und wir tolles Feedback von Gästen bekommen, gibt uns Kraft, dieses Pensum zu bewältigen.
Mit Freund*innen sollte man nicht arbeiten, so der allgemeine Konsens. Euch vier verbindet eine langjährige Freundschaft. Habt ihr keine Angst, dass die unter der Geschäftsbeziehung leiden könnte?
Das ist auch das, was wir oft hören. Wir kennen uns seit über zehn Jahren und unsere Freundeskreise sind eng miteinander verflochten. Aber eines ist bei uns anders: Wir spüren, dass all das bei uns mehr als nur ein freundschaftliches Projekt ist. Wir sind nach jahrelangem Studium und Jobs in verschiedenen Städten wieder zurückgekommen, um uns hier ein Zuhause in Würzburg zu erschaffen. Das steht über allem, über der Bar und über allen Streitigkeiten.
Natürlich haben wir auch schon oft gestritten, diskutiert, geschmollt, aber uns dann wieder umarmt. Das SIGMA-Zeichen ist übrigens seit Kurzem auf unserer Haut verewigt, damit wir nicht vergessen, wieso wir das eigentlich machen. Es geht nicht ums Geld oder Erfolg, sondern darum, gemeinsam etwas zu kreieren. Wenn man sich bei Diskussionen daran erinnert, steckt man sein Ego und den Dickkopf schnell zurück – ist schon oft passiert.
Im American Student Style serviert ihr den Würzburger*innen Mexikaner und andere Drinks in Red Solo Cups. Auf was darf man sich bei euch sonst noch freuen?
Wir lieben es, Dinge zu kreieren. Es gibt bei uns Drinks, die Würzburger*innen so noch nicht kennen. Allein, dass wir Bier u.a. auch in 1,5 Liter-Pitchern ausschenken, kommt gut an. Der SIGMA Pitcher, ein 1,5 Liter-Longdrink, ist z.B. ein Grund, zu uns zu kommen. Der Mexikaner ist homemade und der Signature Shot ist Fireball, ein Cinnamon Blended Whisky. Wie ihr seht, haben wir keine Lust auf Standard und möchten euch einen Grund geben, zu uns zu kommen. Probiert es jetzt und dankt uns später. Und für Hater: Ja, Gin Tonic, Tequila und ein Pils stehen für euch auch bereit.
Welche Tipps könnt ihr Gründer*innen geben, die sich im Gastrobereich selbstständig machen wollen oder über eine Neueröffnung nachdenken?
Lasst euch Wartungsnachweise für alle Anlagen geben. Aber, real talk: Es ist wirklich hart, keine Frage. Wir rotieren seit über einem Jahr fast täglich und damit muss man umgehen können oder es lernen. Der Umgang mit Stress ist entscheidend und drei Dinge können wir mit auf den Weg geben: Konzept, Projektmanagement und Spirit. Es ist wichtig, dass man sich, bevor die Verträge unterschrieben werden, im Konzept einig ist. Dass man Kleinigkeiten und Prozesse on the job ändert, ist klar. Aber als wir über Getränkeauswahl, Deko und Prozesse gebrainstormt haben, fiel oft ein Satz in Diskussionen: „Die Grundidee war doch eine andere. Lasst uns nochmal so denken, wie wir uns das anfangs vorgestellt haben.“
Auch das Projektmanagement ist nicht zu unterschätzen. Sich einen BWLer an Bord zu holen, der das schon im Griff hat, wird nicht ausreichen. Man braucht Übersichten, Pläne und Kalkulationen, mit denen jede*r arbeitet. Das Lustige: Man wird zum Nerd und lernt diese Tabellen zu lieben, weil man sieht, dass sie Sinn ergeben. Alle Gesellschafter*innen müssen einen Hang zum strukturierten Projektmanagement haben, weil man oft viele Feuer gleichzeitig löschen muss. Apropos Feuer löschen: Das perfekte Gründer*innen-Team besteht aus risikoaffinen und risikoaversen Leuten. Mit dem Kopf durch die Wand und immer schneller und höher ist ein guter Drive für Gründer*innen, aber man braucht auch eine Bremse, die nochmal sichergeht: Are you sure?
Wenn man mit Freund*innen arbeitet, reicht es nicht aus, sich nur gut zu kennen. Ihr werdet zu Geschäftspartner*innen und das ist automatisch Gesprächsthema bei jedem Treffen. Die Freundschaft wird sich verändern und jede*r entscheidet mit seinem*ih- rem Verhalten, ob positiv oder negativ. Last but not least: Gastronomie macht man nur mit Leidenschaft und Herz, weil es ein Peoples Business ist. Die Vorstellung, sich von Anfang an Personal einzustellen und nur noch zwei Mal im Monat in der Bar nach dem Rechten zu schauen, wird nicht funktionieren. Man muss die Gäste spüren lassen, dass sie keine Tischnummern sind.
Bar SIGMA, Pleicherschulgasse 6, 97070 Würzburg, www.bar-sigma.de