Guten Morgen, Bobby! Weißt Du, was mich wundert? Wir haben 10.30 Uhr am Morgen. Wie kommt´s, dass ich zu solch früher Stunde einen Interviewtermin mit Dir bekommen habe? Hast Du etwa Deine harten Zeiten hinter Dir gelassen?
Wieso? Ich bin immer noch wach. Nein, Blödsinn. Ich bin ja inzwischen Familienvater, habe drei Kinder, die zur Schule oder in den Kindergarten müssen. Da muss man bereit stehen, ich bin seit 6 Uhr wach. Abgesehen davon muss ich ja noch arbeiten. Auch, wenn´s nicht immer so aussieht: Musik machen ist Arbeit.
Deine aktuelle Arbeit besteht ja darin, mit Deinem neuen Album „Retro“ auf Tour zu gehen. Was hat´s dabei mit dem Albumtitel auf sich? Lässt Du in Vergessenheit geratene Old-School-Werte aufleben?
Mir geht´s bei dem Stichwort eher um ein Lebensgefühl. Ich hab mich bei der Beatauswahl auf Musik gestürzt, die gefühlsmäßig zurück in die Aggro-Zeiten führt. Inhaltlich bin ich aber nicht stehengeblieben, ich habe versucht, mich weiterzuentwickeln. Laut einiger Kritiker hat das auch funktioniert, hähä.
Wenn ich an die Old School-Tage denke, dann kommen mir Crews wie EPMD, Gang Starr und die Beasties in den Sinn. Wie schaut´s da bei Dir aus?
Bei mir sind das eher Snoop, Dr. Dre, Wu Tang, Boot Camp Clik, solche Sachen.
Und wenn man Dich vor die Wahl stellt: Biggie oder Tupac?
Biggie. Auch, wenn beide coole Songs hatten.
In Deinen Texten teilst Du ja gerne mal aus. Gibt es in dieser Richtung einen, den Du besonders feierst? Wer ist für Dich der Punchline-Gott?
Der Punchline-Gott? Boah, ich glaub, den gibt es nicht. Es gibt ne Menge Leute, die pro Album ein, zwei Knaller-Punchlines haben, bei denen ich mich totlache oder mir denke, wie krass die Technik ist. Aber es gibt keinen, bei dem ich sage: Der isses.
Ich hätte schwören können, Du sagst so was wie: Das bin ich selbst…
Ach Quatsch, ich bin doch ganz bescheiden.
Als Du mit Rap angefangen hast: Gab´s da auch in Deutschland Leute, denen Du nacheifern wolltest?
In Berlin war Ende der 90er der Royal Bunker am Start. Da hat man sich mit Taktlo$$ und Savas zusammengetan, hat Texte ausgetauscht und so. Die Spezializtz fand ich damals auch super. Das war´s aber schon. Diese Leute fand ich cool, aber als Vorbild würde ich sie nicht bezeichnen. Ich habe mir nicht gedacht, dass ich machen will, was die machen. Dafür war ich zu stolz. Ich hab mir gedacht: Ich mach das besser.
Ah, geil, Takti hab ich mir vor kurzem endlich mal live gesehen…
Ja, Taktlo$$ ist super. Was bei dem auf der Bühne passiert ist einfach unglaublich. Den feiere ich immer noch voll.
Heute ist Rap-Deutschland ja harte Worte gewohnt. Die von Dir genannten MCs haben hierzulande damit angefangen, haben expliziten Rap salonfähig gemacht. Du selbst wurdest früher ja auch sehr kontrovers diskutiert, Stichwort: Dein Song „Der Neger“. Ging es Dir um die Provokation?
Ich wollte einfach mal alle Vorurteile in einen Song packen und mich eben über die Vorurteile lustig machen. Vielleicht habe ich das damals noch nicht rüberbringen können, da dachten viele, ich meine das ernst. Ziemlich hellhäutig bin ich ja auch, trotz schwarzem Vater. Ich bin mit vielen Schwarzen aufgewachsen, da ist oft das Wort Neger oder Nigger oder sonstwas gefallen, das war aber nicht schlimm. So hat man halt geredet, unabhängig irgendwelcher Rassismus-Diskurse – auch, wenn die richtig und wichtig sind. Als ich den Song gemacht habe, haben sich viele aufgeregt. Ich glaube, heute geht das besser klar, da verstehen das mehr Leute – und nicht nur die, die den gleichen Lebensstil pflegen wie ich damals.
Heute ist man da vielleicht unverkrampfter, kann auch mal krasse Schimpfworte bringen, ohne dass sich gleich alle aufregen. Vielleicht hast Du das damals neben den Genannten selbst mit Deiner Crew „Die Sekte“ in die Wege geleitet…
Ja, wir haben auch viel dafür gekämpft. Damals hat sich bei uns ständig die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien eingeschaltet. Die haben gnadenlos alles von uns indiziert. Heute gibt es Alben und Songs, die genau so krass sind, bei denen das aber vollkommen in Ordnung ist, da wird nix indiziert. Insofern haben wir da bestimmt einen Teil beigetragen. Wir haben mehr Verständnis dafür geschaffen, Hip Hop Musik als Kunst zu begreifen und nicht als kriminelles Dasein.
Wie viele Songs von Dir stehen eigentlich auf dem Index?
Das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich der meistindizierte Rapper in Deutschland bin. Fast alle früheren Alben stehen auf dem Index.
Wie läuft das eigentlich: Die Alben konnte man zuerst ganz normal kaufen, bis dann beschlossen wurde, sie zu verbieten – und dann gibt´s die nicht mehr oder wie?
Genau, nur noch unter´m Ladentisch. Wir haben aber auch X-Versionen der Alben herausgebracht, nachdem sie verboten wurde, auf denen die indizierten Songs dann fehlten und wir stattdessen vielleicht ein, zwei neue Songs drauf gepackt haben.
Und wie ist das live? Darfst du da Songs spielen, die auf dem Index stehen? Oder überlässt Du an den entsprechenden Stellen dem Publikum das Rappen?
Nö, das darf ich auch nicht. Ich darf weder die Songs spielen noch das Publikum dazu animieren. In Österreich und der Schweiz dagegen darf ich machen, was ich will. Und das mach ich dann auch.
Was machst Du sonst noch auf Tour? Vor ein paar Jahren hast Du ja das Album „Drinne“ herausgebracht, da hast Du Rocksound aufgefahren. Hast Du vielleicht eine Band dabei?
Ne Band hab ich aktuell nicht dabei, aber ich spiele schon ein paar Songs von der Platte. Die aktuelle Tour, das bin ich, ein Back Up MC und ein DJ – eine kleine Retro-Tour, kleine Clubs, alles ganz familiär.
Das gute alte MC/DJ-Ding…
Genau. Two Turntables and a mic!
Abgesehen von deiner Rap-Karriere: Du bist ja auch mords der Sportler. Beinahe hättest Du eine Basketball-Karriere gemacht, eine Knieverletzung hat Dir das vereitelt. Vermutlich wären das zwei komplett verschiedene Lebensläufe gewesen: Einmal der Rapper, bekannt für frühere Eskapaden, andererseits der Sportler, körperlich fit und enthaltsam…
Ich glaube da tatsächlich an Schicksal. Wenn ich als Basketballer Karriere gemacht hätte, dann hätte ich auf mich geachtet und mich fit gehalten. Das Leben hat mich aber dazu gebracht, Rapper zu werden und das Leben vielleicht mehr zu genießen.
Ich unterstelle Dir jetzt mal was: und zwar, dass Du eigentlich ein Spaßvogel bist. In dem Song „Biographie“ z.B. schlägst Du aber auch ernstere Töne an. Dort rappst Du: „Meine Erziehung übernahm das Fernsehen.“ Ich z.B. weiß viel von der Sendung mit der Maus. Wie schaut´s da bei Dir aus?
Hähä, die Maus, logisch. Mein Held war aber ganz klar He-Man. In der He-Man-Serie passierten immer irgendwelche Sachen, und hinterher, am Ende der Folge, gab´s eine Schlussfolgerung, die ich dann ernst genommen habe. Noch ein Beispiel: Meine Mutter und meine Schwester haben gerne Dirty Dancing gekuckt. Da hab ich als kleiner Junge halt mitgekuckt – und z.B. gelernt, wie man mit Frauen umgeht. Dann hab ich aber gemerkt: Die Leute ticken irgendwie anders – mit der Konsequenz, dass ich von denen ziemlich enttäuscht war. Ich hab mir gedacht: Haben die nix gelernt? Wie gehen denn die mit anderen um?
Hast Du dann auch wegen Dirty Dancing Tanzen gelernt, um die Frauen zu beeindrucken?
Nein, das leider nicht. Das kann ich bis heute nicht. Ich hätte mich früher wohl mehr auf die Dance-Moves als auf die Moral konzentrieren sollen…
Eins noch zum Schluss: Wer hat das Gras weggeraucht?
Du.