© Joel Friesen
Group of Zombies
Das menschliche Imaginationsvermögen steht im wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis zur Realität: Sie generieren sich gegenseitig. Was wir uns vorstellen können, hat das Zeug, Existenz zu erlangen. Dystopien werden so zur Lebenswirklichkeit, Science Fiction wird wissenschaftlich wahrhaftig. Beispiele gefällig? Im Star Trek-Pilotfilm von 1966 bekommt die Enterprise-Crew mittels fortschrittlicher Technologie eine Nachricht übermittelt – von einer Maschine, die später als Faxgerät bekannt wurde, mittlerweile jedoch bereits zum alten Eisen gehört. George Orwell rannte mit 1984 angesichts des Prism-Überwachungsprogramms und der Kontrolle durch Televisoren, die es heute, Smartphone genannt, sogar für unterwegs gibt, offene Türen ein. Und auch der Hoverboard-Prototyp wartet darauf, in Serie zu gehen.
Dieser Dinge eingedenk gilt es, den beruflichen Werdegang mit weiser Voraussicht zu gestalten. Schließlich wissen wir alle, was uns über kurz oder lang bevorsteht: Die allumfassende Zombieapokalypse. Kulturerzeugnis gewordene Vorboten gibt es mehr als genug, die Vorzeichen lassen sich nicht mehr ignorieren. Entsprechend ist es nötig, eine bevorstehende Berufswahl auch im faulig-gefräßigen Angesicht des Zombieterrors zu betrachten. Denn es bedarf spezifischer Fertigkeiten, um im Zeitalter der drohenden Zombifizierung seinen beruflichen Werdegang erhobenen Hauptes zu Ende zu gehen.
Man braucht Fähigkeiten mit Hand und Fuß, um nicht Hände und Füße an die Untoten zu verlieren. Das Studium einer Geisteswissenschaft ist angesichts an Herz und Nieren gehender Zombiemäuler die falsche Wahl. Sollen sich Soziologen etwa mit alternativen Formen des Zusammenlebens zwischen Mensch und Zombie beschäftigen? Braucht es frischgebackene Philosophie-Bachelor, die drohende Zombiebisse schönreden oder gar als Ausweg aus gesellschaftlichen Zwängen kennzeichnen wollen? Wohl kaum. Aber nicht lachen, liebe Wirtschaftswissenschaftler: Die Beschreibung und Erklärung von ökonomischen Entscheidungsprozessen ist ebenfalls nicht mehr gefragt, wenn den Untoten der Sinn nach Hirn steht. Nein, dieser ganze verkopfte Kram ist schlicht und ergreifend nicht zu gebrauchen. Glücklicherweise scheint zumindest der Würzburger Stadtrat die Zeichen der Zeit erkannt zu haben, indem er vor wenigen Jahren gegen den Fortbestand des Magazins KulturGut stimmte, weil „hochgeistige Artikel und die ganze Theorie“ überflüssig seien. Richtig so! Denn eines ist klar: Was in Zeiten wie diesen, die unmittelbar auf die Zombieapokalypse zusteuern, gebraucht wird, ist eher von der gröberen Sorte.
Entsprechend erscheint es zweckmäßig, ein Handwerk zu erlernen. Also natürlich nicht das des Friseurs, des Fotografen oder des Glasbläsers. Nein, eines, bei dem man noch richtig zupacken muss und Zimperlichkeit fehlplatziert ist. Metzger zum Beispiel. Oder etwas mit ungehobeltem Holz, denn ein Kubikmeter Fichte lässt sich auch mit rudimentärem Werkzeug vergleichsweise einfach zu einer veritablen Waffe verarbeiten. In Richtungen wie diese sollte ein vernünftiger Lebenslauf weisen. Auch der Gärtnerberuf könnte sich als zukunftsträchtig erweisen. Der vermittelt zwar nicht das Handwerkzeug, um Zombies den finalen Garaus zu machen, aber Essen braucht man immer.
Und wenn erst mal alle Lebensmittelläden innerhalb weniger Stunden geplündert wurden, ist der Gärtner in Überlebendengruppen bestimmt einigermaßen willkommen. Eine Karriere als Krankenpfleger/-schwester hat ebenfalls Zukunft. Denn als solche/r bekommt man nicht nur eigene Wehwehchen in den Griff, sondern kann darüber hinaus das erlernte Wissen in umgekehrter Manier auf Zombies anwenden. Der Beruf des Fischers ist ebenfalls empfehlenswert, zumal es allem Anschein nach keine untoten Wasserleichen gibt. Man sieht: Mit einem entsprechenden Gesellenbrief hat man in Zeiten herumschlurfender Zombies länger die Hosen an als z.B. der durchschnittliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Indogermanistik.
Darüber hinaus sollte auch das Arbeitsumfeld in diesbezügliche Überlegungen einbezogen werden. Eine Großstadt als Sitz des Arbeitgebers? Schwierig. Orte mit hoher Einwohnerzahl gilt es aufgrund der Wahrscheinlichkeit großer Zombie-Zusammenrottungen zu meiden. Entsprechend kommen urbane Ballungszentren wie Berlin oder gar das Ruhrgebiet als Wohnort nicht in Frage. Wer dort eine Stelle antritt, der muss schon sehr lebensmüde sein – und wird auch darin noch enttäuscht, denn als Zombie ist man ja nicht so wirklich tot, weswegen man seinen Überdruss per Zombiebiss nicht los wird. Würzburg selbst ist auch nicht die beste Wahl: Innerhalb der Städte im Bundesgebiet, die mehr als 100.000 Einwohner haben, rangiert Würzburg in Sachen Bevölkerungsdichte zwar nur auf Platz 95. Aber ich wiederhole: Mehr als 100.00 Einwohner! Das sollte Alarmsignal genug sein.
Der Top-Tipp für die berufliche Zukunft weist deutlich in Richtung mecklenburg-vorpommersche Untiefen. Aber Vorsicht: So denken vermutlich die meisten, die angesichts der drohenden Panik noch klare Gedanken fassen können. Von daher könnte Meck-Pomm ratzfatz zum neuen Ballungsgebiet werden. Besser ist es daher, nach Sachsen-Anhalt zu flüchten – in jenes Bundesland also, das nach Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg den drittletzten Platz in Sachen Bevölkerungsdichte belegt. Weil: Man muss auch Weiterdenken! Berlin liegt quasi in Brandenburg, weswegen es auch dort – Stichwort: umgekehrte Landflucht – schnell gefährlich werden könnte. Also: Sachsen-Anhalt. Wer es schafft, dort z.B. als Schreiner oder Metzger Karriere zu machen, kann sich gegenüber marodierender Zombiehorden mit der Effizienz eines John Rambo behaupten. Und das ist doch schon mal was.