Wer kennt es nicht? Man feiert Geburtstag, aber der Platz am Esstisch reicht nicht. Der findige Gastgeber hat da natürlich eine simple und pragmatische Lösung parat. Er holt die Biertischgarnitur aus dem Keller und erweitert so die Sitzgelegenheiten. Ganz ähnlich lief es auch bei den Umbaumaßnahmen des Fußballstadions in Jekaterinburg ab. Dort wurde die Stadionwand durchbrochen und hinter den Toren zusätzliche Tribünen konstruiert, die aus dem eigentlichen Gebäude herausragen. Statt Platz für 25.000 Zuschauer fasst die Arena während der WM mehr als 35.000. Und wenn die Gäste wieder abreisen, wird alles zurückgebaut. Eine gute Idee, aber nicht ganz billig. 40 Millionen Euro hat der Spaß gekostet. Ein Klacks, denkt sich der Russe, der die teuerste WM der Fußballgeschichte, mit Ausgaben von ca. 10 Milliarden Euro, veranstaltet.
Ein Superlativ jagt den nächsten
Ca. 900 Millionen Euro. So teuer waren die Baumaßnahmen für das Krestowski-Stadion in St. Petersburg. Gepaart mit einem undichten Dach, Korruptionsverdacht und Sklavenarbeitern aus Nordkorea auf der Baustelle dürfte dieses Stadion einsamer Spitzenreiter sein, wenn es um Kosten und Skandale bei den Vorbereitungen zur WM 2018 geht. Die geplanten Ausgaben beliefen sich im Übrigen auf überschaubare 350 Millionen Euro. Das gewiefte Mathegenie kann hierbei also einen Anstieg der Kosten um ca. 160% verbuchen. Nehmen Sie das doch bei der nächsten Budget-Besprechung als Argument, wenn ihr Chef mal wieder zu knausrig ist.
Hotelpreise steigen enorm
Wer sich von den prestigeträchtigen Bauprojekten gerne live vor Ort überzeugen möchte und dabei auch noch ein WM Spiel sehen will, der muss ebenfalls tiefer als sonst in die Tasche greifen. Das günstigste Ticket für Nicht-Einheimische liegt bei 105 Euro, in Brasilien waren es noch 90 Euro. Auch Flug- und Hotelpreise sind deutlich gestiegen. Wer ein Spiel der deutschen Nationalmannschaft, beispielsweise in Moskau, sehen möchte und ein zentral gelegenes 4 Sterne Hotel bezieht, zahlt für eine Übernachtung für zwei Personen im Juli umgerechnet 900 Euro. Im Mai dagegen wäre der Preis rund 250 Euro. Es gibt aber auch preiswertere Alternativen. Ein Zimmer in einem 3-Sterne-Hotel, ebenfalls in der Stadtmitte am Spieltag der deutschen Mannschaft im Juni, würde rund 235 Euro kosten. Im Mai dagegen wäre das gleiche Zimmer für die Hälfte dieser Summe zu haben. Den Vorschlag des Kartellamts, die Preise für Hotelübernachtungen zu regulieren, lehnt das Wirtschaftsministerium ab. Einen bestimmten Rahmen hat der Staat trotzdem eingeführt. So beschloss die Regierung im Februar 2016, dass ein Luxus-Zimmer in einem 5-Sterne-Hotel in Moskau nicht mehr als umgerechnet 3670 Euro kosten darf. Auch für billigere Hotels und Zimmer in den WM-Austragungsorten wurden maximale Preise festgelegt.
Jetzt müssen sie stark sein
Ebenfalls Spitzenreiter ist der neue Preis für ein Päckchen Panini Bilder. Während man bei der WM 2014 in Brasilien noch 60 Cent für fünf Sticker gezahlt hat, muss man 2018 ganze 90 Cent berappen. Die Preissteigerung von 50% rechtfertigt Panini durch deutlich gestiegene Lizenzkosten seitens des Fußball-Weltverbandes FIFA. Übrigens: Wissenschaftler haben errechnet, dass man 870,30 Euro ausgeben muss um alle 682 Bildchen ins Heft kleben zu können.
Mehr Geld im Prämientopf
Die gestiegenen Kosten spülen natürlich ordentlich Geld in die Kassen der FIFA, sodass unter anderem ein Rekordpreisgeld in Höhe von 400 Millionen US-Dollar an die 32 teilnehmenden Teams ausgeschüttet wird. Wer bereits in der Vorrunde ausscheidet, darf sich immerhin über acht Millionen Dollar Prämie freuen. Die im Achtel finale scheiternden Mannschaften erhalten zwölf Millionen Dollar, während es bei den Viertelfinalisten schon 16 Millionen Dollar sind. Der Verlierer im Spiel um Platz 3 streicht 22 Millionen Dollar ein, der Gewinner 24 Millionen. Im Finale geht’s dann nochmal richtig rund. Der Vize-Weltmeister darf sich über 28 Millionen US Dollar freuen, während der Weltmeister mit satten 38 Millionen prämiert wird.
Jogi ist Gehaltsweltmeister
Aber nicht nur bei den Prämien gibt es große Unterschiede. Betrachtet man die Gehälter der 32 Nationaltrainer stellt man fest, dass zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Gehalt eine Differenz von rund 3,6 Millionen Euro besteht. Der Top-Verdiener Jogi Löw freut sich über eine stattliche Summevon 3,8 Millionen Euro im Jahr. Aliou Cisse, der Trainer der Senegalesen verdient dahingehend „nur“ ca. 200.000 Euro und landet somit auf dem letzten Platz im Gehaltsranking.
Deutschland auf Platz 3
Wer sich im Fußball etwas auskennt, der weiß auch um die teils irren Summen, die als Marktwert für Spieler ausgerufen werden. Das Team mit dem höchsten Marktwert, laut transfermarkt.de, bei dieser WM, ist Frankreich mit 1,07 Milliarden Euro. Davon weist allein der 19-jährige Rechtsaußen von Paris Saint-Germain, Kylian Mbappé, einen Wert von 120 Millionen Euro auf. Damit ist er aber nicht der teuerste Spieler gesamt, wie man vielleicht vermuten würde. Diesen Titel dürfen sich zwei Spieler teilen. Der brasilianische Superstar Neymar und der argentinische Fußballgott Lionel Messi. Ein astronomischer Marktwert von 180 Millionen Euro ist für beide konstatiert. Auch der Kader der deutschen Nationalmannschaft kann sich zahlenmäßig sehen lassen. Gut 950 Millionen Euro ist er wert. Teuerster Spieler hierbei ist Toni Kroos mit 80 Millionen Euro, dicht gefolgt von Jungspund Leroy Sané mit 75 Millionen Euro. Tendenz steigend. Dass es auch anders geht und man trotzdem Teilnehmer einer Weltmeisterschaft sein kann, zeigt das Team aus Panama. Mit einem Marktwert von 11,7 Millionen Euro landen die Mittelamerikaner damit auf dem letzten Platz im Ranking. Auch der Spieler mit dem niedrigsten Marktwert der WM kommt aus Panama. 25.000 Euro ist der 19-jährige Mittelfeldspieler Adalberto Carrasquilla wert.
Der Rubel rollt überall
Egal, wo man hinschaut, in Russland rollt der Rubel, speziell zur WM. Ob sich das ganze auch finanziell für das Land lohnen wird, ist schwer zu sagen. Zumindest die für die WM erneuerte und ausgeweitete Verkehrsinfrastruktur, soll einen positiven Effekt auf die russische Wirtschaft haben. Straßen, Zuwege, Flughäfen, Fahrzeuge, die für den Wettbewerb gebaut oder gekauft werden, können die Kosten der Unternehmen in der Wettbewerbsregion über Jahrzehnte reduzieren und die Lebensqualität der Bevölkerung deutlich erhöhen. Dennoch sollte man nur zaghaft euphorisch sein, denn dieFußballweltmeisterschaft ist eben vor allem eins – ein Prestigeobjekt.
Martin Gramm