Was das Partyleben in Würzburg betrifft, ist 1998 so etwas wie ein geschichtsträchtiges Jahr. Zum ersten Mal steht Dominik im Zauberberg hinter den Plattentellern und auch Tobi Grimm startet seine DJ-Karriere. Ab diesem Zeitpunkt nehmen die DJ-Karrieren der Beiden richtig Fahrt auf und sie sind seitdem nicht mehr aus der Clubszene der Stadt wegzudenken.
Die Geschichte der beiden DJs nimmt zu einer Zeit ihren Lauf, als in den Charts genau dieselben Songs laufen, die aktuell auf 90er Partys die Menge zum Toben bringen. Seit den ersten Gigs in der Veitshöchheimerstraße blieb Dominik dem Zauberberg über die Jahre immer treu. Hier und da machte er Zwischenstation im Suzie Wong in Schweinfurt oder der Backstage-Area von Rock im Park, wo die RiP-Stars zu seinen Sets den Backstage Bereich fast renovierungsbedürftig bearbeiteten. Tobi war u.a. im Odeon, dem ehemalige WEARhouse (heute Manny Green) oder bundesweiten Clubs zu finden. Gemeinsam, als die „Plattenaufleger“, sorgten die Würzburger als DJ-Duo im Airport für legendäre Partys mit mehr als tausend Menschen. Im „neuen“ Zauberberg schmissen sie die Exkursion am Donnerstag, „Hit Me Baby“ oder „Mann spricht deutsch“. Als 2002 das Studio eröffnete, wurde Tobi Grimm jeden Samstag zur festen Instanz hinter den Decks und Dominik hatte die mehr als gut besuchten Dienstage voll im Griff.
Warum habt ihr euch vor 20 Jahren dazu entschlossen mit den Auflegen anzufangen?
Tobi: Ich war schon immer vom DJing fasziniert. Ich kann mich noch erinnern, dass ich mit 16 immer im Airport den DJs – so gut es ging – über die Schulter geschaut habe. So ganz ehrfürchtig. Irgendwann hab ich dann von meinem ersten verdienten Geld zwei Plattenspieler und einen Mixer gekauft. Dann habe ich DeLaDope kennengelernt – ich kann dir aber beim besten Willen nicht mehr sagen wo das war. Er war sowas wie mein DJ-Mentor, auch wenn man das vielleicht rückblickend nicht so direkt sagen kann. Wir waren einfach zwei Typen mit ähnlichem Geschmack und ich konnte doch das Ein oder Andere von ihm lernen und dann auch schon selbst im Noize Club des Airports damals umsetzen.
Dominik: Bei mir war das etwas anders. Ich hab einfach schon immer viel Geld für CDs ausgegeben und war deshalb bei allen möglichen Kindergeburtstagen und Jugendfeiern schon immer der „DJ“. Und einer von den Jungs hat dann mal eine Party auf dem Boot veranstaltet und hat mich dann gefragt, ob ich mal nicht nur im Jugendheim, sondern dort auflegen will. So war das dann, gemeinsam mit DJ Maginal, mein erster Gig auf dem boot.
Welcher Künstler hat euch in den 20 Jahren am meisten genervt? Wer war aktuell richtig angesagt, aber ihr hattet einfach keinen Bock darauf?
Tobi: Das ist bei mir echt immer situationsabhängig. Mir ging damals zum Beispiel Usher mit „Yeah“ echt tierisch auf den Senkel, weil das gefühlt überall lief. Ob bei Radio Gong, im Club, oder sonst wo. Solche Lieder gibt es immer wieder. Aber ein einzelner Künstler, der mich so richtig stresst... nein, den hab ich nicht. Jetzt kann man natürlich sagen „Dann spiel es nicht, du bist ja der DJ“, aber im Endeffekt wollen es ja die Gäste hören und das zählt. Wobei du mich da jetzt vielleicht echt auch auf dem falschen Fuß erwischst, denn es gibt da bestimmt Künstler, die ich nicht sonderlich mag, mir aber grad nicht einfallen.
Dominik: Oh ja, den hab ich: David Guetta. Es gab da so die Phase, wo ich echt die Überzeugung hatte, dass David Guetta das Modern Talking der 2010er-Jahre ist. Es ging mir unglaublich auf die Eier, weil sich die Titel halt auch alle irgendwie gleich anhörten, vor allem im Club jeder dritte Wunsch David Guetta war und jeder zweite Titel in den Charts war von ihm. Das war ganz schlimm. Gleiches zählte auch eine Zeit lang für die Black Eyed Peas.
Ihr Beiden seid klassische All-Mixed-Up-DJ, spielt also verschiedene Musikrichtungen. Gibt es auch ein Genre, das ihr echt ungern spielt?
Dominik: Eigentlich nicht, weil ich echt in jeder Musikrichtung Songs habe, die ich geil finde. Also was ich halt einfach nicht mache ist Malle-Musik. Mickie Krause und Co. – das mache ich nicht mal an Fasching. Da mag es Songs geben, die echt gut produziert sind, aber spielen würde ich sie nicht.
Tobi: Also Malle ist halt auch so ein Thema. Wird oft gewünscht, spiel ich aber auch nicht. Wobei ich da an Fasching bei dem ein oder anderen Song schon eine Ausnahme mache. Auf einer Faschings-Party wohlgemerkt. Wenn es aber komplett Balla-Balla ist, dann bin ich da auch raus. Ansonsten bin ich kein sonderlich großer Freund des aktuellen Hip Hops. Vor allem Cloud Rap von RIN und Co is so überhaupt nicht meins. Ich hab mir ja immer vorgenommen zu sagen, dass ich keine Musikrichtung scheiße finde, ich interessiere mich nur einfach nicht dafür, aber auf diese ganzen Hustensaft Jünglinge, Young Hurns und Co komme ich doch nicht so klar. Da bin ich echt Kind der 90er.
Welcher Partymoment ist euch denn aus den letzten 20 Jahren hängengeblieben?
Tobi: Ich denke da sicherlich an die ein oder andere „Hit Me Baby“-Party hier im Zauberberg, tolle Nächte im Studio, auch als Jimmy Klok hatte ich unglaubliche Abende vor allem im Neuraum in München, aber sicherlich auch der Dirk Nowitzki-Empfang in Würzburg 2011 bleibt im Kopf. Da war ich DJ auf dem Wagen durch die Innenstadt. Vorbei an 10.000 Menschen und dann nochmal so viele vor der Residenz – das war schon groß.
Dominik: Wenn mich jemand nach der besten Party fragt, dann war das eine bei Rock im Park. Das Zelt wurde immer leerer und leerer und es wurde immer später und später. Als es dann schon sechs oder sieben Uhr früh war, kamen auf einmal wieder Leute dazu, die gerade wieder aufgestanden waren. Auf einmal war der Laden wieder voll, bis dann der Chef um zehn Uhr die Musik ausgemacht hat. Das war ein richtig krasser Abend.
Tobi: Ich finde es echt voll schade, dass man soviel vergisst. Wir hätten wirklich ein Tagebuch schreiben sollen. Die Memoiren eines DJs. (lacht)
Was hat sich denn in den vergangenen 20 Jahren, eurer Meinung nach, im Nightlife verändert, bzw. welche Begebenheiten haben zu einer Veränderung geführt?
Dominik: Statt drei Vinylplattentaschen, trägst du heute nur noch Laptop, oder vielleicht sogar nur USB-Stick mit dir herum. Momentan sind wir gerade auch wieder in so einer Phase, wo Clubs, vor allem die größeren, grade nicht so angesagt sind. Aber diese „Welle“ haben wir auch schon zweimal durchgemacht. Das Verhältnis des Publikums zur Musik hat sich auch verändert! Früher gab es gewisse Songs halt einfach nur bei uns zu hören. Heute startest du Shazam und lädst es dir am nächsten Tag einfach runter.
Tobi: Eine große Zäsur war mit Sicherheit das Nichtraucherschutzgesetz. Auch wenn die positiven Seiten überwiegen, hat das die Partywelt schon verändert. Nicht nur, dass die Partys einfach auseinandergerissen werden, weil immer ein Teil beim Rauchen ist, es gibt auch genug Läden, die seitdem durch erhöhte Lautstärke vor der Tür Probleme mit der Nachbarschaft haben. Auch das „Social Cocooning“ der letzten Jahre geht mir etwas gegen den Strich. Also als ich 18 war, habe ich entweder auf Partys aufgelegt, oder war zweimal am Wochenende feiern. Der 18-jährige von heute hockt zu Hause, raucht Shisha und spielt Playstation. Welche geilen Geschichten wollt ihr erzählen, wenn ihr 30 seid? Keine Hammerstory geht los mit „Ey weißt du noch, als wir damals bei mir Fifa gezockt haben?“ Kids, geht vor die Tür. Verabredet euch Online und trefft euch Offline! Lernt neue Leute kennen! Feiert! Habt Spaß! Ich kann nur sagen, dass ich noch heute von vielen Bekanntschaften aus den letzten 20 Jahren auf menschlicher wie beruflicher Ebene profitiere.
Was denkt ihr: Was ist die Platte, die ihr bislang am häufigsten gespielt habt?
Dominik: Das wird tatsächlich wahrscheinlich eine Backstreet Boys Nummer sein. Alleine durch die vielen 90er-Partys. Aber was ich wirklich sau oft gespielt habe ist von Logarhythms – Prison Of Love, weil das früher immer mein letzter Song war. Und eine Weile lang von En Vogue „My Lovin’ (Never gonna get it)“. Den hat der Tobi schon immer „Dominik-Song“ genannt.
Tobi: Ich denke, bei mir sind es wirklich die Pussycat Dolls mit „Don’t Cha“. Da erinnere ich mich heute noch dran: Die Nummer war niegelnagelneu und ich habe sie zum ersten Mal an einem vollen Samstag im Studio gespielt. Volle Tanzfläche, ich spiel die Nummer – Tanzfläche leer! Sie sind geflüchtet. Zwei Wochen später war es dann bis heute ein Hit.
Gibt es einen Song, den ihr richtig feiert, aber den der Rest in euren Augen zu Unrecht vergessen hat?
Tobi: Also Dominik und ich haben ja beide auch eine Plattenaufleger-Vergangenheit und da gibt es einige Nummern, die damals im Soundpark super funktioniert haben. Songs, von denen du nie im Leben gedacht hättest, dass die in der Disco funktionieren. Zum Beispiel von Huey Lewis & The News „It’s Alright“. Eine acapella-Nummer in einer Disco! Das ist gelaufen und die Leute haben es gefeiert. Das kannst du heute, leider, keinem mehr anbieten. Leider merkt man aktuell, dass auch im Bereich der 90er immer mehr Songs dazukommen, die die Kids einfach nicht mehr kennen. Ich habe selbst bei Songs wie „Gangsta’s Paradise“ schon die Erfahrung gemacht. Das ist echt mies.
Dominik: Ja, hm. „Never gonna get it“ von En Vogue. (lacht) Oder zum Beispiel auch „When The Rain Begins To Fall“ funktioniert vielleicht noch bei älteren Leuten, aber bei jüngeren überhaupt nicht mehr.
Tobi: Ich denke, das Problem liegt aber schon mal daran, dass sich die ganze Industrie geändert hat. Wenn ich heute Singles kaufen kann, die 2.12 Minuten lang sind, dann ist das für mich keine Single mehr. Da habe ich keinen Bock 1.29 Euro dafür zu zahlen. Ich komme aus dem House-Bereich und da war es normal, dass eine Nummer mindestens sechs Minuten lang war.
Dominik: Ja stimmt. Die Aufmerksamkeitsspanne ist eine ganz Andere. Die Leute sind meist nach zwei Minuten gelangweilt und wollen was Neues hören. Früher, da haben wir auch mal die 16-Minuten-Version von „Santa Esmeralda“ gespielt und sind auf das Klo gegangen. War zwar am Ende des Abends, aber es lief. (lacht)
20 Jahre Erfahrung im Nachtleben sind kein Pappenstiel; wer am Ostersonntag (1. April) mit den beiden feiern will, kann das im Zauberberg tun. Alte und neuere Weggefährten werden sich die Ehre geben und ordentlich gratulieren.