© Laura Blümel
Eva Lara Gerhardt
Eva Lara Gerhardt ist Selbstliebe Coach, Yogalehrerin und Wegbegleiterin. Diesen Sommer möchte sie Würzburg verlassen und sich in einem Bus auf die Reise machen. Auf die Reise in die Welt. Wir sprachen mit ihr über Ihren Job, über Ihre Visionen und welche Chancen Sie in der digitalen Arbeitsweise sieht.
Sich einen Bus kaufen und einfach wegfahren – davon träumen Viele. Du setzt das Ganze jetzt in die Tat um und wirst „digitale Nomadin“. Wie kam es dazu und hatte dabei die Pandemie ihre Finger im Spiel?
Ja, tatsächlich. Am meisten die Finger im Spiel hat in diesem Fall mein Herz. Das ruft und mich zieht. Und ich habe gelernt zuzuhören und dieser Stimme zu folgen.
Begonnen hat alles mit dem Ruf der Selbstständigkeit. Ziemlich gleichzeitig mit jenem Sprung hat sich auch Corona bekannt gemacht und mir zunächst einen Strich durch die Rechnung gemacht. So dachte ich. Geplant waren Einzelcoachings mit meinen Klientinnen. Meine Workshops und Events. Die legendäre Kerzenlicht Meditation, die es ja schon einige Jahre in Würzburg vor Ort gab, Yogastunden und Kakao Zeremonien. Und plötzlich ging das alles nicht. Nachdem ich aus dem System gesprungen war.
Ja, da stieg mir die Angst in den Nacken. Und ja, mein Herz wusste weiterhin, dies sei der richtige Weg. Und ich erkannte, es gibt keine Garantien. Das Leben ist ein Abenteuer. Und das was meine Aufgabe ist, ist zu vertrauen.
Und ich habe gelauscht und gespürt. Was ist mein nächster Schritt? Und so baute ich in dem vergangen Jahr ein Online Business auf. Erreiche heute Menschen überall in Deutschland und darüber hinaus. Und es ist somit noch viel unabhängiger, als ich es vergangenes Jahr vermutet hätte. Es lohnt sich, zu vertrauen.
Im Nachhinein ergibt auch diese Herausforderung wieder einen Sinn. Denn das Leben, dieses Abenteuer hat noch weitere Pläne. Und so zieht es mich auf vier Rädern hinaus, diese Botschaft zu teilen. Die Botschaft der Liebe. The Power of Love. In all der Euphorie und neben einer Angst, spüre ich, dass es so richtig ist. Und die Pandemie hat mich in diesem Fall, dieser Vision näher gebracht. Wer weiß, ob ich sonst so schnell online unterwegs gewesen wäre. Und jetzt als digitale Nomadin. Ich wurde zu meinem Glück gezwungen.
Das digitale Nomadentum ist ein Berufszweig, der Arbeiten und Reisen verbindet. Was kann man sich darunter vorstellen und wie sieht Dein zukünftiger Arbeitsalltag aus?
Eigentlich genau so wie jetzt. Nur eben im Bus. Das beinhaltet die Einzelgespräche mit meinen Klientinnen, Online Workshops und Seminare. Podcast, Social Media, Meine Homepage, Emails beantworten. Termine vereinbaren usw. Und ich habe mittlerweile sogar zwei wundervoll unterstützende Kräfte mit in meinem Team. Das fühlt sich ganz gut an, dass auch jemand vor Ort ist.
Alleine im Bus unterwegs sein, dort arbeiten und schlafen – das klingt spannend aber auch abenteuerlich. Hast Du keine Angst?
Doch ich habe Angst. Vor allem ist da gerade die Angst vor dem Loslassen. Mein gewohntes Umfeld, meine engsten Freunde. Auch mein Zuhause. Und auch wenn ich dies schon dreimal erlebt habe, ins Ausland zu gehen, dort zu wohnen, zu reisen. Ist da immer wieder eine Angst. Aber genau das ist ja ein Grund, warum ich mich auf den Weg mache. In diesem Prozess weiterzugehen und erneut zu erfahren, dass ich aufgehoben bin. Und dann ist da natürlich auch die Angst vor ungewollten nächtlichen Besuchen. Aber da habe ich jetzt eine ganz gute Strategie entwickelt.
Hast Du einen bestimmten Ort oder ein Land als Ziel Deiner Reise oder fährst Du einfach drauflos? Und gibt es einen zeitlichen Rahmen für das Projekt?
Es gibt kein Ziel. Unterwegs nach Nirgendwo (engl. nowhere – now & here) sozusagen. Immer wieder in mein Herz lauschen, wohin es als nächstes geht. Und einfach mit mir sein und dem was gerade (dran) ist. Aber auf jeden Fall da wo es warm ist, da ich auch draußen dusche. Und auf jeden Fall draußen meditieren möchte. Am liebsten mit Ausblick.
Einen Rahmen habe ich auch nicht. Aber bestimmt ein Jahr oder länger. Wobei ich immer mal wieder in der Nähe bin, z.B. in Würzburg, München und Südtirol, für Workshops die bereits geplant sind. Das fühlt sich total unabhängig an. Dass ich einfach frei überall hinreisen kann. Die Welt ist mein Spielfeld.
Ein paar Dinge muss man vorher erledigen – zum Beispiel die eigene Wohnung untervermieten oder sein Hab und Gut bei den Eltern einlagern. Wie hast Du Dich vorbereitet?
Ich erlaube mir den Luxus meine Wohnung zu behalten. Vorübergehend. Weil ich jetzt einfach los will. Der Rest ergibt sich.
Jetzt kommt die Frage, die vielen sofort auf der Zunge liegt, wenn sie von so einem Vorhaben hören: Wie finanzierst Du das Ganze?
Ich arbeite ganz normal weiter, so wie jetzt auch. Finanziell wird sich also für mich nicht so viel ändern. Ich glaube die Angst, oder die Hürde vor Eventualitäten ist oft so hoch, sodass wie du sagst, Viele womöglich gar nicht erst losgehen. Als „digitale Nomadin“, arbeite ich aber ja online, und das geht heutzutage auf der ganze Welt.
Du bezeichnest Dich selbst als „Selflove Empowerment Coach“ – was bedeutet das genau und hast Du dafür eine Ausbildung gemacht?
Selbstliebe bedeutet für mich, uns selbst anzunehmen mit all dem was ist. So arbeite ich mit Klient*innen, die sich nicht genug, nicht gut genug fühlen. Für einen bestimmten Job, einen Partner, für Fülle, für das wonach sich das Herz eben sehnt. Das hat oft damit zu tun, dass wir innere Anteile von uns ablehnen. Meistens schon so lange, dass wir sie sogar vergessen haben. Ich sage immer wir holen sie nach Hause. Die Lustvolle, die Wütende, die Trotzige, die Unsichere, oder Selbstbewusste… Und es hat so viele Gründe warum wir Dinge an uns ablehnen. Das hat oft mit vergangenen Prägungen und Erfahrungen und auch mit dem Familiensystem zu tun. So begleite ich meine Klient*innen sich selbst ganz kennenzulernen und vor allem anzunehmen. So wie wir eben sind. Mit allen Facetten die dazu gehören. Das ist Selbstliebe. Das ist Empowerment. Weil da schließlich auch so viel mehr Energie ist, die wir dann gegenwärtig haben, für das was gerade dran ist und das wonach wir uns wirklich sehnen. Da wir diese Energie eben nicht mehr dafür nutzen müssen Aspekte von uns zu verstecken. Diese Kräfte sind in jedem von uns angelegt, meine Aufgabe ist es Andere zu erinnern. An all das, was in jedem von uns versteckt ist.
Ich habe eine Yogalehrerausbildung gemacht, eine Ausbildung in systemischer Familienaufstellung und eine Ausbildung im Bereich Shamanic Arts. Diese Dinge fließen natürlich in meine Arbeit, vor allem aber bin ich geprägt von meinen eigenen Erfahrungen, viel Zeit im Benediktushof, bei Mooji und weiteren Erfahrungen und Begegnungen, zu denen mich mein Leben in den vergangenen Jahren geführt hat. Das Leben ist mein größter Lehrer.
Eigentlich bist Du Grundschullehrerin, übst den Beruf aber schon länger nicht mehr aus. Hat Dir die Arbeit keinen Spaß mehr gemacht oder warum hast Du den Job aufgegeben?
Als ich das erste Mal mehrere Wochen im Beneditkushof verbracht habe, hat mich damals das Grüne Haus (ein wundervolles Zen Zendo in Würzburg) dazu überredet wöchentlich Raum für eine Meditation zu halten. Mirko Betz hat mich dann für seine Kerzenlicht Meditation gewonnen und die Glücksbringer für Yogastunden. Das hat mich von Anfang an sehr erfüllt. Nach meinen Yogastunden und der Kerzenlicht Meditation sind immer wieder und immer mehr Teilnehmer*innen zu mir gekommen und haben mich nach Einzelsitzungen gefragt. Irgendwann war es klar, dass dies mein Weg ist. Zum einen hab ich es in meinem Herzen gefühlt zum anderen war da auch dieses starke Gefühl, hier mehr Veränderung in der Welt zu bewirken. Und ich bin sehr idealistisch veranlagt. Dort wo mehr Liebe fließt, dort wo ich mehr Weite spüre, dort zieht es mich hin.
Wenn man einen so sicheren Job wie den einer Lehrerin hinschmeißt, eckt man gerne an – besonders in der Familie. Wie hat Dein Umfeld damals reagiert?
Wirklich keiner hat gesagt, go and do it. Im Gegenteil. In der Schule wurde mir sogar mehrmals die Frage gestellt, was ich denn jetzt machen wolle und ich könne doch nichts anderes, weil ich doch nichts anderes gelernt hätte. All das Anecken und Erkennen, wie eng die Strukturen der Menschen um mich herum waren, hat mich allerdings noch mehr ermutigt das zu tun, was ich heute tue, und loszugehen. Andere zu inspirieren und zu begleiten, Selbstliebe zu spüren, Weite zu erlauben. Die eigenen Träume, Wünsche und Visionen ernst zu nehmen und auf das Herz zu hören.
Im Anschluss haben übrigens Viele gesagt, dass es genau die richtige Entscheidung war. Und da habe ich erkannt, wie sehr wir doch alle von unseren Ängsten getrieben werden. Am Ende, gibt es keine Garantien, aber Leben, Abenteuer und die Liebe. Die ist immer da.
Viele träumen davon, aus ihrem beruflichen Alltag auszubrechen und was Neues zu wagen, sich selbstständig zu machen etc. Hast Du Tipps, damit sich mehr Menschen so etwas zutrauen?
Zu erkennen, diese Zeit ist endlich. dich zu erinnern, was du schon alles geschafft und gemeistert hast und immer, immer gehalten warst, von diesem Leben. Und dich selbst und deine Träume und Visionen ernst zu nehmen. Das wird kein Anderer übernehmen. Das ist deine Aufgabe. Und du bist es dir wert.