Nostalgiker gucken heutzutage ziemlich blöd aus der Wäsche – oder in den Briefkasten. Zwischen Rechnungen und Drogerie-Coupons blitzt nur noch selten eine kleine Ecke türkisblauen Meeres hervor. Die Postkarte hat den Kampf gegen ihre digitalen Konkurrenten verloren und teilt damit ihr Schicksal mit den Leidensgenossen Telefonzelle und Litfaßsäule. Anno dazumal war das ja ungefähr so: Kaum im Urlaubsort angekommen, ging’s im Stechschritt Richtung Souvenirshop mit dem Ziel, die perfekten, individuell zugeschnittenen Ansichtskarten zu ergattern.
Strand und Sightseeing mussten warten, war man doch in der Folge mit dem Verfassen von Sonetten in geschwungener Schönschrift beschäftigt – und anschließend damit, zum nächsten Postamt zu eilen, um nicht irgendwelche Briefmarken auf ebenjene Karten zu kleben, sondern ganz besonders schöne. Die junge Generation mag sich vielleicht fragen, ob den Menschen damals die ein oder andere Latte am Zaun fehlte, denn in der gleichen Zeit könnte man heute auf dem Smartphone sämtliche Freundes-, Bekannten- und Familienkreise mit Urlaubsnachweisen versorgen.
Dabei ist das Postkartenschreiben doch eine der schönsten Formen des Aneinanderdenkens. Mit jedem analogen Urlaubsgruß ist auch eine Botschaft verbunden: Du bist es mir wert, eine Karte zu kaufen, einen Text zu schreiben und einen Briefkasten zu finden. Eine Postkarte ist wie ein kleines Geschenk an einen lieben Menschen, das so viel länger Freude macht, als eine WhatsApp-Nachricht. Sogar, wenn auf ihr nur steht: „Wetter gut. Wasser nass. Bier kalt. HDL“.