© Robert Winter
Megaloh
Megaloh ist ein Rapper mit Skills und enormer Live-Präsenz – und der Malocher unter den deutschen MCs. Er ackert nicht nur auf der Bühne, sondern auch als Lagerarbeiter. Aber so ist da halt: Jeder hat sein Päckchen zu tragen. Im April kommt er nach Würzburg. Wir sprachen vorab mit ihm. Über Beats, Business und Braune in weißen Gesellschaften.
Du packst ja nicht nur als Rapper die dicken Beats und heißen Eisen an, sondern auch als Lagerarbeiter, was Du in dem Song „Loser“ thematisierst. Gehst Du dieser Tätigkeit immer noch nach?
Ja, genau genommen mache ich das, seit ich meinen Vertag bei Max Herre unterschrieben habe. Das ist okay, weil ich auf diese Weise viel über Ausdauer und über´s Dranbleiben gelernt habe – was wichtig ist, wenn Du von der Musik leben willst. Weil ich eigentlich von Natur aus ein Chiller bin, der am liebsten nur macht, worauf er gerade Lust hat. Auf diese Weise wirst Du als Künstler aber keinen Erfolg haben. Bis man von der Musik leben kann, ist es ein weiter Weg. Ich kann es noch nicht.
Dass der Schritt zum Musiker der richtige Weg war, merkst Du dann wohl daran, dass Du ihn durchziehst und parallel auch den Lageristen-Beruf ernst nimmst, oder?
Sicher, aber zwischendurch zweifelt man schon hin und wieder. Ich hatte sehr wohl auch große Bedenken. Weil eben Parameter wie Erfolg eine Rolle spielen. Klar, von heute aus betrachtet macht alles Sinn. Weil ich ein Publikum gefunden und dadurch gute Perspektiven habe. Nur weiß man das vorher eben nicht. Und solange muss man sich durchbeißen.
Da passt es natürlich, dass es Deine Platte „Regenmacher“ ist, die Dir nun den Erfolg bringt – weil ein Regenmacher im Jargon der US-Anwälte einer ist, der so richtig Asche macht…
Hehe, ja… wobei ein einzelnes Album nicht dafür sorgen wird, dass ich nun im Geld schwimme. Aber ich habe gute Vorrausetzungen. Einen Plattenvertrag, der mir eine gute Plattform bietet und viele Türen öffnet, zwei Alben, die in den Top Ten waren usw. Aber dennoch: Das Musikbiz ist hart und gerade am Anfang voller Entbehrungen und schmerzlicher Erfahrungen. Das muss man wegstecken lernen. Ich will aber in meiner Musik ehrlich sein, weswegen ich eben auch meinen Lagerberuf zum Thema mache.
Irgendwie ist da auch eine andere Begriffsbedeutung des Regenmachers passend, er ist ja auch ein Percussion-Instrument. Er wird aus abgestorbenen Exemplaren des Copado-Kaktus hergestellt, wobei seine Dornen in sein Inneres getrieben werden…
Das passt wirklich alles. Ich musste mich innerlich mit meinen eigenen Dornen auseinandersetzen – und insofern mit dem, was weh tut, um werden zu können, was ich jetzt bin. Ich hatte dieses Bild nicht im Kopf, als es um einen Albumtitel ging, aber ich kann mich da auf jeden Fall wiedererkennen. Ich hatte ja mal geplant, die Musik aufzugeben, habe mich dabei definitiv irgendwie abgestorben gefühlt, hatte dann doch noch die Chance, einen Plattenvertrag zu bekommen und hab es daraufhin noch mal versucht – mit Erfolg. Aber erst durch eine intensive Konfrontation mit dem Schmerz.
Innerhalb Deiner Laufbahn hast Du mit ganz unterschiedlichen Leuten zusammengearbeitet, z.B. mit Fler, MC Bogy, Xavier Naidoo, Max Herre – und insofern mit Musikern, die man eigentlich schwer unter einen Hut bekommt. Kommst Du da wieder als Lagerarbeiter ins Spiel, der es schafft, die Lagermentalitäten des Deutschrap auszuhebeln? Oder existieren die eigentlich gar nicht mehr so?
Die gibt es sicher schon noch, aber ich denke, eher genreübergreifend. Grabenkämpfe finden eher zwischen Leuten statt, die das Gleiche machen, die sich künstlerisch im selben Metier austoben – und entsprechend vielleicht in Konkurrenz stehen. Abspaltungen zwischen Straßenrap und Studentenrap, um einfach mal zwei Begriffe in dem Raum zuwerfen, gibt es dagegen kaum noch. Einfach, weil heute alles vermischt wird. Die Leute – sowohl Musiker als auch Musikkonsumenten – trauen sich, über ihren Tellerrand zu schauen. Das macht die Dinge spannender. Ich glaube, dass diese Entwicklung mit den sogenannten Hipstern eingetreten ist. Und dass das funktioniert, hat ja z.B. die Psycho Dino LP vorgeführt. Da ging es nicht um ein Gegen-, sondern tatsächlich um ein Miteinander – von Leuten, die eigentlich unvereinbar scheinen. Das finde ich gut.
Bestimmt auch, weil Du generell eine große Einflussvielfalt mitbringst. Reggae spielt bei Dir eine große Rolle, und mit „Whiskey Cola“ hast du einen amtlichen Trap-Hit. Aber gibt es einen Sound, auf dem Du Dich als Rapper am wohlsten fühlst?
Nein, weil das für mich nicht dauerhaft gilt. Momentan feiere ich die angesagten Trap-Beats mehr als die traditionellen 90er Hip Hop-Beats. Vor allem wohl deswegen, weil ich den 90er-Kram bis zum Umkippen gepumpt und drauf gerappt hab. Was wir heute landläufig als Trap-Beats bezeichnen ist für mich eine interessante und willkommene Abwechslung. Ihr langsames Tempo bietet mir zumindest momentan mehr Platz für rhythmische Spielereien. Den will ich nutzen, weil er Herausforderungen bietet, die einen wachsen und künstlerisch weiterkommen lassen. Weil sonst die Gefahr droht, sich zu wiederholen. Aber wenn Du mich in einem Jahr fragst, erzähle ich bestimmt wieder was anderes.
Bis dahin schauen wir aber erst mal zurück: In dem Song „Gute Nacht“ hast Du gerappt, dass Du ein Brauner in einer weißen Welt bist. Das war vor sieben Jahren. Die von Dir beschriebene Kluft ist bis heute leider gewachsen. Würdest Du sagen, dass diese Entwicklungen Prominente in die Pflicht nehmen, Stellung zu beziehen?
Als Person der Öffentlichkeit bist du in besonderem Maß für das verantwortlich, was du nach außen trägst. Ich denke aber, dass jeder Erdenbürger Verantwortung gegenüber der Welt und seiner Mitmenschen hat. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie und über was er sich wem gegenüber äußert. Wenn ich über gewisse Themen rede, dann deswegen, weil ich mich als ein Individuum dafür entschieden habe. Angesichts der rückwärtsgewandten nationalistischen Stimmungen und der populistischen Parolen, die den Menschen einfache Antworten präsentieren wollen, halte ich es auch für sehr wichtig, Stellung zu beziehen. Ich möchte aber nicht den Moralapostel spielen und es liegt mir auch fern, diesbezüglich irgendwelche Forderungen zu formulieren. Wenn aber Leute zu irgendeinem Thema an die Öffentlichkeit treten, dann erwarte ich, dass Wahrhaftigkeit ihr Anspruch ist.
Mi., 26. Apr. Megaloh: Regenmacher Tour 2017 in der Posthalle