Im Rahmen meiner gründlichen Recherche habe ich erst mal euren Bandnamen gegoogelt. Dabei habe ich gelernt, das „Booka“ ein Slang-Wort für das Geräusch eines Gewehrschusses ist. Das klingt ganz schön grob. War das beabsichtigt?
Was, echt? Das wusste ich nicht. Vielleicht, weil Booka sich ein bisschen wie Bazooka anhört? Naja, wir sind auf jeden Fall Pazifisten – und der Bandname bedeutet gar nichts. Ich glaube, dass wir damals in den 90ern, als wir für unsere Techno-Releases einen Namen brauchten, bei der Suche danach auf den Musiker Booker T. gestoßen sind. Den Vornamen haben wir uns geliehen und ihn mit Shade kombiniert, um mysteriös zu klingen – und gut!
Die 90er sind ein schönes Stichwort: Kann es sein, dass man damals nuancierter von den diversen Sub-Genres der Club-Musik gesprochen hat, während heute oft alles unter dem Stichwort Electro abgehandelt wird?
Meinst du? Das glaube ich eigentlich nicht. Es ist schon richtig, dass oft von Electro gesprochen wird, aber nur dann, wenn grob kategorisiert wird – und das war früher auch so, damals war alles Techno. Es gibt viele Gattungsbegriffe, die die Vielschichtigkeit elektronischer Musik reflektieren. In den USA dagegen wird alles als EDM in einen Topf geworfen – sogar jetzt noch, wo elektronische Musik dort festivaltauglich geworden ist. Letztes Jahr haben wir z.B. auf dem Electric Daisy Carnival gespielt, dem größten amerikanischen Dance-Festival. Da laufen wir – wie alle anderen – als EDM.
Ja, die USA tun sich bekanntermaßen schwer mit elektronischer Musik. Meinst du, dass eure Popularität in den Staaten sich darauf zurückführen lässt, dass ihr eine Live-Band seid?
Ganz sicher sogar. Als wir dort das erste Mal spielten hieß es von allen DJ-Kollegen, dass die USA ein schwieriges Terrain für elektronische Musik sind. Die Amis brauchen die Performance – und indem wir unseren Sound live umsetzen, gibt´s die bei uns. Dass elektronische Musik an sich dort aktuell explodiert, liegt aber daran, dass sie nun einen Weg gefunden haben, sie für sich zu adaptieren, wie es z.B. Skrillex vorführt. Uns europäischen Elektronik-Tüftlern hat das viele Tore geöffnet.
Wie sind eure Konzerte eigentlich organisiert? Wer von euch beiden spielt was?
Walter spielt Keyboard und bedient die Effektgeräte sowie den Laptop, um noch in den gespielten Sound eingreifen zu können. Ich bin für die Drums und die Perkussion zuständig, egal ob elektronisch oder akustisch. So haben wir immer schon gespielt. Allerdings betreiben wir dabei immer mehr Aufwand, so, dass der tatsächliche Live-Aspekt immer größer wird und nur noch das Nötigste von Backing-Tracks kommt.
Dann habt ihr eure Instrumente bestimmt schon gelernt gehabt, bevor ihr anfingt, elektronische Musik zu produzieren.
Ja, wir kommen beide aus sehr musikalischen Familien. Walters Vater ist großer Wagnerianer. Mein Vater liebt Jazz und hat in einer Band gespielt. Damit, dass ich auch Musiker geworden bin, waren meine Eltern anfangs gar nicht so glücklich. Allerdings sind die Würfel dafür bereits gefallen, als sie mir mit Zwölf mein erstes Schlagzeug geschenkt haben.
Läuft eure Studioarbeit wie eure Live-Auftritte? Hat beim Produzieren jeder von euch beiden seine feste Funktion?
Nein, das läuft anders. Walter kommt meistens mit einer Grundidee. Diese arbeiten wir gemeinsam aus, was meistens in Phasen abläuft: Zuerst die Demo-Phase, dann die Recording-Phase, in der ich Drums und Percussions oder überhaupt Sounds aufnehme. Allerdings hat jeder von uns mittlerweile ein eigenes Studio, weswegen wir uns die Soundfiles, an denen wir arbeiten, hin und her schicken.
Dann spielt ihr sozusagen ein musikalisches Ping Pong.
Ja, das geht immer hin und her, das hat sich bewährt. Walter vertieft sich in den Tracks und sorgt für den passenden Mix. Ich bin oft derjenige, der sich als Gegencheck die Songs noch mal vornimmt. Dieser Prozess dauert dann drei, vier Tage, manchmal aber auch monatelang. Wir haben auf jedem Album einen Song, der sich ewig hingestreckt hat. Bei Momento war es „Darko“, beim aktuellen Album war es „Love Inc“.
Wie läuft das eigentlich mit den Remixes, die ihr für andere anfertigt? Da hattet ihr ja mit Depeche Mode, Moby oder Yello namhafte Auftraggeber. Lehnt ihr viele Anfragen ab?
Ja, wir lehnen mittlerweile wahrscheinlich 99 Prozent der Anfragen ab. Das ist jeweils viel Arbeit, und man muss sowohl den anderen Künstler als auch sich selbst zufrieden stellen. Und weil man Ideen reinsteckt, die man vielleicht gerne für eigene Tracks verwenden möchte, sind wir inzwischen eher wählerisch. Wenn wir den Song oder den Künstler aber geil finden, dann remixen wir den gerne– auch unabhängig vom Geld.
Jetzt möchte ich anhand eines Rückblicks in die Gegenwart schauen: Angefangen habt ihr unter dem Namen Planet Claire, was der Titel eines B 52´s-Songs ist. Und jener Song greift unverkennbar den Groove von Henry Mancinis „Peter Gunn“-Theme auf. Sind das Indizien dafür, das Pop heute vorwiegend ein Spiel mit Referenzen ist?
Boah, jetzt wirst du aber philosophisch, da muss ich mich ja richtig reinhängen… hm, ich glaube, alle Töne wurden bereits gespielt. Es kommt eben darauf an, wie man sie zusammenführt und verpackt, um sie als etwas Neues verkaufen zu können. Z.B. innerhalb des Samplings ist das ja sehr bedeutsam. Aber vermutlich war das schon früher so. Man baut immer auf Sachen auf, die irgendwie als Referenz herhalten – und das nicht nur in der Musik. Es gibt schließlich auch immer wieder einen neuen Joghurt. Mit neuen Innovationen, wie sie vielleicht mal Rap oder auch Techno darstellten, wird´s heute aber eng.
Man kann wohl das Rad nicht neu erfinden.
Ja, man kann es nur immer wieder neu anmalen.
Du hast gerade die Sampling-Praxis erwähnt. Euer Song Body Language wurde ja von Will.I.Am gesamplet. Hat der sich brav die Rechte eingeholt?
Das ist eine lustige Anekdote: Er hat sie sich rückwirkend eingeholt. Ein Bekannter von mir arbeitet bei Universal Music. Ihm wurde das fertige Album vorgespielt, wobei er gemerkt hat, dass Will.I.Am uns gesamplet hat. Er hat Will.I.Am daraufhin angesprochen, und der meinte dann: „Das passt schon, das ist von einem kleinen Ibiza-Underground-Act.“ Mein Bekannter hat ihn dann aufgeklärt, dass das im Gegenteil ein internationaler Hit ist. Daraufhin hat sich Will.I.Am dann um die Rechte gekümmert. Generell finde ich Sampling voll okay. Es muss halt – wie auch bei Mashups – gut gemacht sein.
Demnächst spielt ihr in Würzburg, in einer für eure Verhältnisse recht kleinen Location. Wo fühlt ihr euch heimischer? Auf großen Festivals oder in kleinen Clubs?
Das hat beides seine Vorteile. Bei großen Events stimmt auf jeden Fall die Technik. Außerdem ist man meistens an der frischen Luft – und dieses Larger-Than-life-mäßige mögen wir auch. Bei Clubshows weiß man aber, dass alle wirklich wegen dir da sind – und entsprechend kann man auch mal gewagtere Sachen spielen. Meistens sind das die legendäreren Shows.