Mahlzeit! Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Und auf den Tisch kommt, was die Speisekarte hergibt. Aber wo haben wir die Speisekarte her? Und was gibt es in ihnen nicht mehr? Wir blätterten durch die Geschichte, um Geschichtsträchtiges rund um die Speisekarte zu finden. Wohl bekomm´s!
Speisekarten in der Art, wie wir sie heute kennen, gibt es seit der Öffnung der ersten öffentlichen Restaurants. Sie entstanden etwa um 1770 – dort, wo man essen konnte wie Gott in Frankreich: in Paris. Preisangaben konnte man in ihnen erstmals 1784 einsehen, in der Speisekarte des WirtsJosef Merina. In seinem Wiener Gasthaus „Zum Roten Apfel“ legte er seinen Gästen einen „Kuchenzeddl mit Tariffen“ vor. Das war neu: Vorher wurden Preise lediglich auf ausgehängten Tafeln vermerkt. Die eigentliche Genese der Speisekarte beginnt aber lange vorher. Ihr Weg ist lang und steinig. Zumindest tönern.
Das älteste Speisen-Verzeichnis der Welt
Die sumerischen Tontafeln gelten als die ältesten schriftlichen Dokumente der Welt. Sie haben etwa 4.000 Jahre auf dem Buckel – und beinhalten neben Mythen und Sprichworten auch aufgelistete Speisen.
Die älteste enthaltene Lebensmittelliste der Welt
Zur Eröffnung des königlichen Palasts in Kalhu anno 879 v. Chr. wurde eifrig geschlemmt. Das belegt eine Liste, der zufolge das Spektakel von einem zehntägigen Fest begleitet wurde, an dem 69.674 Personen teilnahmen.
Das älteste schriftliche Menü der Welt
Damit die feine Gesellschaft im Mittelalter auch wusste, was auf ihre Teller kam, wurden die einzelnen Trachten – die Gänge – eines Menüs in der Regel durch Herolde ausgerufen. Von einem Fest, das anno 1541 stattfand und an dem Heinrich der Jüngere, Herzog von Braunschweig, teilnahm, wusste allerdings der Reichstag zu Regensburg zu berichten, das „ein langer zedel bei ihm auf der tafel ligen that, den er öfters mal besah. Darin hat ihm der Küchenmayster alle essen und trachten ufgezeichnet.“
Zeiten ändern sich
Speisekarten verschiedener Epochen spiegeln natürlich die Essgewohnheiten ihrer Zeit wieder. Heute gehören z.B. Bio-Zutaten, vegane Speisen oder Low-Carb-Varianten zum guten Ton – und natürlich Artenschutzbedenken. Die Schildkrötensuppe z.B. behauptete sich für lange Zeit als „Königinder Suppen“. Heute wird man sie nur noch schwerlich finden – und wenn,dann illegal: Die Speise wurde 1988 durch das Washingtoner Artenschutzabkommen international verboten.
Explicit Content
Was für Speisen gilt, gilt auch für die Speisekarte: Das Auge isst mit.Während man heute bei Speisekarten auf übersichtliche Designs und aufgeräumte Optiken setzt, bestimmten einst reiche Illustrationen den öffentlichen Geschmack. In den USA war opulentes Kartendesign zwischen der Mitte des 19. Jahrhunderts und den Siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts sehr beliebt – und dabei gerne mit rassistischen Ressentiments gespickt. Oft waren sie auch frivol bis sexistisch, weswegen man mitunter besondere Vorsicht walten ließ: Ein Restaurant in Oakland ermahnte dazu, seine Karte erst ab 16 Jahren zu lesen. Sie enthielt einfach zu viele Abbildungen unsittlicher Polynesierinnen.
Rechtsgegenstand Speisekarte
1985 ist in Deutschland die Preisangabenverordnung in Kraft getreten.Sie bestimmt, wie Preise für Waren und Dienstleistungen anzugeben sind – auch bei Speisekarten. Das auch als „Apfelsaftparagraph“ bekannte Gaststättengesetz sieht mindestens ein alkoholfreies Getränk vor, das nicht teurer sein darf als das günstigste alkoholische Getränk – gemessen am Literpreis. Aufgrund der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung müssen zudem etwaige Zusätze wie Farbstoffe gekennzeichnet sein. Darüber hinaus sieht auch das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch Begriffsdefinitionen und Informationsverpflichtungen in Speisekarten vor.
Da kommt einiges zusammen! Kleiner Wermutstropfen für Gastwirte: Bis2011 mussten sie ihre Speisekarten noch für mindestens sechs Jahre archivieren– als kaufmännische Dokumente, gemäß der Aufbewahrungspflicht.