Plakatkunst 2018 - Die Werkanalyse zur Wahl

Dass Plakatwerbung Kunst sein kann, demonstriert sie am besten selbst – in Form von Plakatkunst, die im deutschsprachigen Raum um 1900 mit Lucian Bernhard, Julius Klinger oder Ludwig Hohlwein Illustratoren von Weltrang hervorbrachte. Weniger weltbewegend sind dagegen die Wahlplakate, die aktuell an Würzburgs Laternenmasten baumeln. Zumindest jene, die recht weit oben hängen, hoffentlich. Ob sie künstlerischen Ansprüchen genügen, ob sie zum Stehenbleiben oder zum Davonlaufen sind: Damit behängen wir uns an dieser Stelle nicht, wir kämen aus dem Lästern wohl kaum raus. Stattdessen soll an dieser Stelle lediglich ihr Zeug zum Überzeugen betrachtet werden. Wie wollen sie die Wähler erreichen, wie für sich gewinnen? Wir haben nachgesehen… bitteschön!

AFD

  • Methode: Mit dem Finger auf andere zeigen
  • Wirkung: Von eigener Unzulänglichkeit ablenken. Es schaffen, dabei noch Unsinn zu verzapfen. Was im Kontext der rotunterlegten Überschrift ein karnevalesker Knaller ist.
  • Probe: Dass die Masche gut funktioniert bezeugen Beispiele, die man alltäglich in Kindergärten erlebt. Mit dem Eintritt ins Grundschulalter verebbt jedoch deren Wirkung. Wobei Ausnahmen die Regel bestätigen.

Die Bayernpartei

  • Methode: Auf Tränendrüse drücken
  • Wirkung: Mitleid mit dem Esel hervorrufen. Alleine schon, weil Goldesel glücklich aussehen müssen. Sonst kann man sich gar nicht richtig über das Gold freuen. Obwohl: doch. Sogar, wenn der Esel ein Bayer ist. Denn wenn´s um Geld geht, kennt auch der Franke nix.
  • Probe: Mia san mia. Da ist das eselige i-a jeweils drin.

CSU

  • Methode: Tatkraft demonstrieren
  • Wirkung: Verpufft leider schnell. Das forsche Voranpreschen entpuppt sich unmittelbar als blinder Aktionismus.
  • Probe: Söder leistete seinen Wehrdienst anno 1986 in einem Transportbataillon. Das ist lange her – und deckt nicht gerade die spezifischen Fertigkeiten ab, die Grenzpolizisten draufhaben sollten. Und das bei einem Minister-Gehalt? Söder macht das also besser nicht. Siehe Schuster bleib bei deinen Leisten.

FDP

  • Methode: Zustimmung generieren
  • Wirkung: Den unzulässigen, aber dennoch geläufi gen Vergleich von Äpfeln mit Birnen ausweiten auf den Vergleich von… sagen wir: Äpfeln mit Mist.
  • Probe: Geldgeschenke statt chronisches Rückenleiden. Multiple Orgasmen statt in Hundescheiße treten. Volles Haupthaar statt Grießbrei mit Sauerkraut.

Freie Wähler

  • Methode: Gestaltpsychologie
  • Wirkung: Konditionierte Wahrnehmungsprozesse identifizieren den Kandidaten als Menschen. Und Spiegelneuronen lassen in der hervorgereckten Hand einen angedeuteten Fütterungsakt erkennen. Wobei sie stattdessen evtl. verdeutlichen soll, dass hier jemand die Fäden in der Hand hält.
  • Probe: Punkt, Punkt, Komma, Strich, fertig ist dem Dolata sein Gesicht. Wobei es natürlich erst per Haarpracht perfekt wird.

Grüne

  • Methode: Verantwortung übernehmen
  • Wirkung: Die Ansage, sich zu kümmern, beruhigt mitunter jene Gemüter, die schwer an ihrer Mündigkeit und der daran geknüpften Eigenverantwortung tragen.
  • Probe: Die Aussicht, eine Haltung wählen zu können, ist deutlich einfacher, als eine Haltung zu haben und zu wahren – was immens wichtig ist in Zeiten, in denen politische Entscheidungen bereits an der Ladentheke getroffen werden (müssen).

Linke

  • Methode: Appell
  • Wirkung: Einstellung beim Empfänger ändern. Wobei eine Umsetzung der Forderung die rosigen Geschäftsmodelle unserer Rüstungsindustrie in Frage stellt, denn: Wohin mit all den Waffen? Soll etwa die Bundeswehr aufgerüstet werden?
  • Probe: Schwerter zu Pflugscharen vs. Waffenexporte stoppen.

Mut

  • Methode: Überraschung
  • Wirkung: Mut ist neu und hängt ziemlich kryptische Plakate auf, was Fragen aufwirft. Zum Beispiel: Wer sind die? Mutbürger? Und inwiefern ist Mut nur logisch? Ist Mut nicht mehr als nur logisch?
  • Probe: Ah, das ist der Matuschik. Vom BR. Von dem hat man schon gehört. Beim BR. Da befürchten die besorgten Bürger bestimmt, er streicht ihnen Lügenpresssack auf´s Brot.

ÖDP

  • Methode: Aufmerksamkeit durch Attraktion
  • Wirkung: Schauwerte von cineastischer Dimension imaginieren.
  • Probe: Das größte Wagenrennen seit Ben Hur. Die fesselndste Lovestory seit 50 Shades of Grey. Die unglaublichste Reise in einem verrückten Flugzeug seit die Unglaubliche Reise In Einem Verrückten Flugzeug.

Die Partei

  • Methode: Appell
  • Wirkung: Einstellung bzgl. der oft gehörten Formel, man müsse sich bei der Wahl für´s kleinere Übel entscheiden, ändern. Vielleicht gibt es ja andere Möglichkeiten? Eventuell sehr gute?
  • Probe: Sogar Jesus von Nazareth hat sich für´s denkbar schwerste Übel entschieden. Und was hat er davon gehabt? Nicht viel. Statt 40 Jungfrauen gab´s die Islamisierung des Abendlands oder so.

SPD

  • Methode: Kinder
  • Wirkung: Unmittelbare Herzerweichung
  • Probe: In der Tat zuckersüß. So sehr, dass man fast nicht über die geschlechterklischeebeladene blau-rosa-Schranke stolpert. Und beinahe vergisst, dass Kinder mitnichten eine Investition sind.

Tierschutzpartei

  • Methode: Hundeblick
  • Wirkung: Kommt auf leisen Samtpfoten daher. Und mit der inhärenten Aufforderung, sich einen Paragraphen mal näher anzusehen. Ob das geht?
  • Probe: Klar geht da … oh, ein Katzenvideo!

V-Partei

  • Methode: Auf´s Maul
  • Wirkung: V hoch drei gleich Visage voller Veilchen
  • Probe: Lieber nicht. Die haut einen zamm. Beispiele für vegane oder vegetarische lebende Kampfkolosse gibt‘s zuhauf.