Wanda ist der aufgehende Stern am österreichischen Musikhimmel. Über die Grenzen hinaus reicht mittlerweile ihr Erfolg. In diesem Jahr kamen die fünf Wiener Jungs im Rahmen ihrer Niente Tour 2018 nach Würzburg. Aus diesem Anlass hat FRIZZ dem Frontsänger Marco Wanda ein paar Fragen gestellt.
Am 12.3. gibt Wanda ein Konzert in der Posthalle – das ist nicht das erste. Wann warst du das letzte Mal in Würzburg?
Beim Umsonst & Draußen Festival 2015.
Ich habe gehört, dass du damals auf einer Hausparty gelandet bist. Stimmt das?
Um Gottes Willen! Vielleicht war das ein anderer Typ mit Lederjacke. Aber stimmt, damals sind wir sehr oft mit Leuten nach den Shows noch irgendwohin gefahren und haben gelebt irgendwie. Da waren so viele Hauspartys, wundervolle Menschen, aber auch so viel Alkohol – ich weiß es nicht mehr. Aber die Würzburger können gut feiern, überhaupt die Deutschen kennen das Leben.
Wie endet die nächste Nacht in Würzburg?
Naja, das ganze Programm, das wir jetzt fahren, ist musikalisch schon ein bisschen anspruchsvoll. Ich glaube, wir werden uns sehr auf die Musik konzentrieren.
Wird Wanda jetzt ein bisschen ruhiger mit der neuen Platte?
Es ist einfach eine andere Musik geworden mit dem letzten Album. Die Platte ist im Gegensatz zu den anderen nachdenklicher und weicher. An Umsetzung denkt natürlich nie jemand bei uns. Wir arbeiten in erster Linie für die Musik und jetzt kommen schon so neue Sachen dazu, wie ein Streichquartett. Es ist einfach ein Spagat. Jeder Song ist anders und darauf muss man sich einstellen. Das wird sehr aufregend.
Was ist aus dem Rocker-Dasein geworden? Wie lebt es sich als Star?
Naja, in erster Linie wird versucht nicht zu sterben. Ich nenne das den vulgären Verlauf des Lebens.
Was gibt es noch für Ziele, wenn man ganz oben auf der Karriereleiter angekommen ist? Was kommt als nächstes?
Ich rechne gar nicht damit, dass wir immer da oben bleiben. So muss es auch gar nicht sein. Ich möchte einfach besser werden in dem was ich mache - freier werden. Und den Menschen immer mehr bieten für das, was sie zahlen.
Warum habt ihr eure Band nach einer ehemaligen Zuhälterin benannt?
Damals wollten wir uns über unseren Bandnamen in der Wiener Mythologie verordnen, weil das die Stadt ist, in der wir gelebt und gelitten haben. Sie war eine Kultfigur. Sie war eben so ein richtiges Stück Mensch und ein Stück Wiener Untergrundgeschichte. Sie war lesbisch, gewalttätig, sie war laut, hat sich mit Männern angelegt, hat einem Mann mit einem Messer in den Hals gestochen, war im Gefängnis. Ja, das hat sich irgendwie angeboten!
Spiegelt ihr euch in dem Leben der Frau wider?
Wir haben schon was gemeinsam. Wanda war ein gewaltiger Elvis Fan und Elvis ist einer dieser Ursterne des Rock `n´ Roll. Ich bin selbst Elvis Fan – ja in meiner Mythologie ist er ein Gott. Der hat die Musikrichtung zum Teil erfunden, er hat mit der Hüfte gewackelt und ging dafür ins Gefängnis. Das ist schon cool.
Wer inspiriert dich noch außer Elvis?
Ich kann mit vielen was anfangen. Grundsätzlich bin ich verliebt in die Idee, dass man ohne wirklich viel zu können, zu einer Gitarre greifen und damit seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Also ich mag all diese Punk-Bands „The Jam“, „The Clash“, „Nirvana“ und die „Beatles“. Ich bin schon im Rock `n´ Roll Zuhause.
Im Rock `n´ Roll zu Hause zu sein hört sich anstrengend an. Wie lange kann das gut gehen?
Ich habe eine tiefe Demut in dieser Leistungsgesellschaft vor Menschen, die wirklich die ganze Zeit arbeiten müssen und schuften müssen wie Sklaven. Ich habe das Gefühl, ich bin eher privilegiert und habe sehr viel Zeit für mich und führe ein eher unaufgeregtes Leben. Für mich sind die wahren Rocker die Kassierer und Kassiererinnen im Supermarkt. Die kämpfen wirklich.
Welcher Tätigkeit würdest du nachgehen, wenn du kein Musiker wärst?
Ich glaube, ich wäre tot. Ich bin für vieles ungeeignet und wahrscheinlich ADHS-gestört bis zum Exzess. Ich kann eigentlich nur Musik machen. Ich bin sehr froh, dass ich so eine Art von nützlicher Position in der Gesellschaft gefunden habe über meine Musik. Musiker zu sein war schon der Plan seit ich fünf war.
Du trägst eigentlich immer deine Lederjacke. Ist sie dein Markenzeichen?
Ich kann nicht in ein Bekleidungsgeschäft, es macht mich krank. Alles was ich anhabe, habe ich schon seit zehn Jahren oder „flader“ (dt.: stehlen) ich meinen Bandkollegen. Ich werde verrückt in diesen Kaufhäusern, wo alle konsumieren und immer diese blöde Musik läuft. Das kommt mir so stumpf und irre vor; ich möchte Menschen nicht in so entwürdigen Momenten erleben. Es ist also eher praktisch, dass ich sie trage. Sie zerreißt nicht so schnell und es hat sie kein Kind zusammen genäht.
Was müsste dir denn passiert sein, wenn man dich auf der Straße trifft und du keine Lederjacke trägst?
Also im Winter trage ich in der Regel Mäntel. Mittlerweile kostümiere ich mich ein wenig, um nicht erkannt zu werden. Es hat sich doch eine gewisse Popularität eingestellt, die manchmal einfach auf die Nerven geht. Wenn ich mit der Lederjacke, die auf allen Pressefotos drauf ist, herumlaufe, dann steigert sich schon die Chance, dass ich erkannt werde.
Was ist das Besondere an eurer Heimatstadt Wien?
Wien hat eine starke Sogkraft, eine starke Mythologie, eine bestechende Geschichte. Die Tiefenpsychologie kommt aus dieser Stadt, Mozart kommt aus dieser Stadt. Man kann ungeniert betrunken sein, es gilt sogar als schick und geheimnisvoll und philosophisch. Und alle plaudern die ganze Zeit, so Gehirndurchfall. Es hat ein sehr angenehmes Klima für philosophisch angehauchte Menschen, das gefällt mir. Und alle sind wütend, ich liebe das, ihre Wut zu fühlen. Ich glaube außer New York ist Wien die wütendste Stadt der Welt. Das ist herrlich.