S-Trix
Scratching, Cutting, Beat Juggling: Tim Wangerin alias DJ S-Trix aus Erlenbach ist vielfach prämierter Turntablist. Er beherrscht das kunstvolle Spiel mit Plattenspieler und Mixer außerordentlich, genießt dafür internationales Ansehen. Tim ist frisch gebackener deutscher Meister sowie amtierender Vizeweltmeister. Dazu gesellen sich zig andere Meistertitel, allesamt erworben bei Contests der großen Turntablism-Verbände DMC, IDA und WTK. Am 17.9. hat er seinen IDA Scratching Titel gegen sechs Herausforderer verteidigt. Jetzt nimmt er am 24.9. an der DMC Weltmeisterschaft in London teil. Klar hatten wir vorher noch ein paar Fragen…
Mit Anfang 30 bist Du ein Kind von Deutschraps Goldener Ära. Was markierte da die Initialzündung Deiner Tunrtablism-Karriere?
Deutschrap war Ende der 90er eben das große Ding. Am Skateplatz feierten wir Main Concept, Kool Savas, Massive Töne, solche Sachen. Ich wollte da auch mitmischen, wollte Teil der Bewegung sein. Als DJ habe ich Beats für Rapper aufgelegt. Dann bin ich an Leute wie DJ Stylewarz oder an die Invisibl Skratch Piklz geraten. Da hab ich erst mal gecheckt, was überhaupt so gehen kann – und geübt, was das Zeug hält.
Hast Du schnell gemerkt, dass Du ein besonderes Talent fürs Turntablism hast?
Ich sag mal so: Früher bekam ich Klavier- und Gitarrenunterricht. Das hat mich aber schnell gelangweilt: Ich musste irgendwelche Übungssongs spielen, wollte aber gleich ein Typ wie Slash sein, der mit Kippe im Mundwinkel geile Soli rockt. Mit den Plattenspielern hat das schon eher funktioniert.
Und dann bist Du gleich mal losgezogen und hast Meisterschaften gewonnen?
Naja, ganz so schnell auch nicht. Den ersten Titel habe ich 2009 gewonnen, bei der DMC, Kategorie: Supremacy, also beim Kopf-an-Kopf-Battle. Davor war ich zwei mal deutscher Vizemeister. Insgesamt bin ich bis heute zehnmaliger deutscher Meister und viermaliger Vizemeister. Was internationale Contests betrifft: Bei der IDA Weltmeisterschaft 2009 wurde ich Dritter – und letztes Jahr Zweiter.
Wie ist das so als Koryphäe? Kommen viele auf Dich zu, damit Du ein paar Scratches für Albumproduktionen beisteuerst?
Meine Titel machen mir definitiv ein paar Türen auf. Ich bin inzwischen auf sieben, acht Platten mit Scratches vertreten. Auch Produktionsanfragen kommen rein, ich habe z.B. für den Rapper Juse Ju Beats gebaut. Außerdem wurde ich z.B. fürs Sample Music Festival in Berlin gebucht. Wenn es jedoch um Anfragen von Diskos und Clubs geht, schrecken die Titel die Booking-Leute auch mal ab. Die befürchten dann, ich würde ne technische One Man Show abziehen. Ich kann aber zwischen Club-Sets und Turntablism Showcases unterscheiden. Zumal ich auch Club-Erfahrung habe: Airport, Boot, René, Du kennst sie alle.
Jetzt musst Du Dich eh erst mal auf die DMC World DJ Finals in London vorbereiten…
Ja, ich übe viel, aber das mache ich eh regelmäßig. Gerade habe ich aber ein echtes Nerd-Problem: Beim Scratchen bewegst du den Crossfader am Mixer im Allgemeinen aus dem Handgelenk. Es gibt aber eine Technik, da bedient man den Fader in etwa so, wie ein Bassist Saiten anschlägt. Die will ich mir noch so aneignen, dass ich sie richtig beherrsche – und dann in meine sechsminütigen Show-Einheit einbauen.
Empfindest Du das auch so, dass der DJ als einstiges tragendes Element von Rap Songs heute etwas ins Abseits geraten ist?
Stimmt schon, früher waren Scratches obligatorisch, heute finden sie deutlich seltener statt. Das ist schade. Ich finde, Scratches gehören zum Rap wie das Gitarrensolo zum Rock-Song. Bei undergroundigen Produktionen findet das DJ-Ding aber nach wie vor statt. Ich mag z.B. die Rapper Xatar und Haftbefehl. Bei deren Alben stößt man schon immer wieder auf Scratching. Oder halt bei der Release-Party meines neuen Albums "Fresh & Korrekt", am 29.10. in Lengfurt!