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Henning Wehland
Henning Wehland (H-Blockx, Söhne Mannheims) hat ein Solo-Projekt rausgebracht: Sein Album „Der letzte an der Bar“ ist Anfang 2017 erschienen und repräsentiert durch verschiedenste Musikstile und viele Features die gesamte Karriere des deutschen Crossover-Vorreiters.
Bei deinem neuen Album „Der letzte an der Bar“ musste ich sofort an „Pour me a glass“ denken. Ich schätze, der Titel rührt daher, dass du Barbesitzer bist, oder?
Ich war Barbesitzer, fünf Jahre lang. Der Titel ist weniger wortwörtlich zu nehmen, als dass die Bar für mich ein Ort ist, wo man sich mit Freunden trifft, sich austauscht. Wenn wir uns über diese Bar-Begegnungen und was alles dabei rauskam, unterhalten würden, käme das Bild heraus, das ich mit dem Albumtitel zeichnen wollte.
Und wie hältst du es mit dem Trinken, z.B. auf Tour, abseits der Bar?
Kontrolle ist mir sehr wichtig. Genuss und Leidenschaft aber genauso. Ich bin sicher nicht der, der definitiv nie etwas vor einer Show trinkt. Gleichzeitig will ich den Leuten aber bieten können, wofür sie gezahlt haben.
Das klingt professionell, in deinem Song „Der Affe und ich“ deutest du aber auch an, gern mal den Affen beim Trinken rauszulassen. Hast du vielleicht eine witzige Story solch einer Eskapade parat?
Würde ich damit anfangen, würde ich vermutlich noch mehr Platten verkaufen und müsste noch mehr Interviews geben, weil Alkoholiker wie du das eben hören wollen (lacht). Es geht mir hier erneut weniger um eine wortwörtliche Deutung, sondern darum, dass am Morgen der müde Affe auf meiner Schulter sitzt, ich dann aber über den Tag Energie sammle, um positive Dinge zu tun, bis ich der lustige, ausgelassene Affe werde, der auf der Bar tanzt. So sehe ich das, kann dir aber mal erzählen wie die lustige Trinkerei auch ganz schnell schief gehen kann: Auf einer Party in Münster habe ich mich mit paar Leuten nett unterhalten, doch auf einmal gab es Streit mit einer anderen Gruppe und plötzlich war ich in eine Massenschlägerei verwickelt, bei der sich die Beteiligten die Bierkrüge ins Gesicht schlugen. Ich konnte mich dem Ganzen zum Glück unverletzt entziehen, hab da aber gemerkt, wie wichtig z.B. gute Türsteher sind, weil eben diese sich damals gezielt die Anführer geschnappt haben, um die Sache zu beenden.
Lass uns das Trinken mal wieder in einen positiven Kontext bringen. Würdest du sagen, dass Alkohol deine Kreativität steigert?
Nein, definitiv nicht. Zum Schreiben brauche ich einen nüchternen Kopf. Trinken hat auch gar nicht so einen hohen Stellenwert in meinem Leben. Wie vorhin angedeutet – das Maß zwischen Leidenschaft und Kontrolle ist mir wichtig. Wenn ich von Genuss spreche, ist das ein Moment, in dem ich mich sehr wohl fühle. Wenn ich schreibe, an die Wurzel meiner Gedanken will, muss ich ehrlich mit mir sein und nüchtern auf die Dinge blicken.
Durch die Darts WM bin ich als leidenschaftlicher Dart-Spieler/Fan auf „Mein Leben ist der Wahnsinn“ gestoßen, was quasi der Song zur WM war. Bist du selbst ein „Bar-Game-Zocker“?
Absolut! Ein Grund, warum ich mein Studium abgebrochen habe, war ein Billard-Salon, in dem man auch Darts spielen konnte.
Bei welcher Disziplin hätte es für eine Profi-Karriere gereicht?
Ich glaube, ich wäre ein guter Darts-Profi geworden. Billard mag ich und kann ich auch, aber wenn, dann eher Eight-Ball, kein Snooker. Da sind mir die Pockets dann doch zu schmal, der Tisch zu groß. Ich angle auch gern, was meine Nähe zu England dokumentiert, schaue gerne den Profis beim Snooker im Fernsehen zu. Trotzdem ist mein Highlight Darts. Wie sich die Profis auf ihre Präzision konzentrieren können, während im Hintergrund lautstark gefeiert wird, ist phänomenal. Meine Frau erklärt mich immer für verrückt, wenn ich mir das auf der Couch reinziehe…
Ich habe ein Zitat von dir gefunden, wo du sagst, dass es dir viel Spaß bereitet, sich unter Freunden gegenseitig Musik vorzuspielen und dabei eben auch mal zu trinken. Sympathisch! Meintest du dabei eigentlich, sich unter Künstlern eigene Sachen vorzuspielen oder sich unter Freunden einfach Musik zu zeigen?
Eher letzteres. Ich stelle in letzter Zeit fest, dass es unfassbar viele Möglichkeiten gibt, sich Musik vorzuspielen. Ich komme aus der Vinyl-Generation. Da war das mit dem vorspielen noch nicht so einfach, weil man selten die Rille getroffen hat. Bei der Kassette konnte man „wenigstens“ vorsichtig spulen, bei der CD war zum ersten Mal das direkte Switchen möglich. Letztens war ich bei Nachbarn, die in der DJ-Szene unterwegs sind, und da haben wir eben solch einen Abend zelebriert: Jeder hat dem andern eine Platte vorgespielt. Und ja, dazu haben wir gemütlich was getrunken und ich mir danach wieder einen Plattenspieler gekauft, weil das Hörerlebnis einfach unvergleichbar ist. Das heutige Streamen oder Youtuben lenkt einen immer dahin, Neues zu entdecken, während es bei Platte vor allem um den Genuss, das bewusste Hörerlebnis auch mal eines ganzen Albums geht.
Welchen Song deines neuen Albums würdest du mir als erstes, am liebsten zeigen?
„Der letzte an der Bar“, weil der Song mich am besten repräsentiert und durch die 16 Gastauftritte verdeutlicht, dass ich kein Singer/Songwriter bin, sondern aus vielen Genres komme und mich als Performer in jeder Musikrichtung wohl fühle, offen für alles bin, solange es ehrlich gemeint ist.
Hast du dir die Features selbst ausgesucht oder wie kam das?
Ich habe ca. 30 Leute, Freunde, Wegbegleiter etc. angeschrieben. Was dabei rauskam, ist eben jetzt der Song. Das wundert mich allerdings bis heute, weil das wirklich nicht einfach ist. Du musst erst mal selbst Text und Melodie vorweisen können und dann müssen Künstler aus verschiedensten Genres dazu passen. Obendrein muss die Idee für den Videoclip stimmen und jeder der Gäste Zeit dafür finden. Das ist auf jeden Fall ein Projekt, das ich mal meinen Enkelkindern zeigen kann.
Apropos Kinder: Ist dein Engagement für andere, jüngere Künstler nach deiner Teilnahme in der Jury von „The Voice Kids“ weitergegangen?
Ja, mit dem Gewinner der letzten Staffel, bei der ich dabei war, bin ich immer noch gut befreundet. Er ist in einem guten Verlag untergekommen und hat einen tollen Plattenvertrag unterschrieben. Er ist in der ganzen Welt unterwegs, und wenn er in Berlin ist, schläft er auch bei mir.
Zum Schluss noch ein Engagement, das ich an dir schätze: Du willst Oberbürgermeister deiner Heimatstadt Münster werden. Wie kommt´s, was stünde auf deiner Agenda?
Grundsätzlich setze ich mich für die Stärkung der Demokratie ein. Die Idee ist durch ein Interview mit einem Spiegel-Redakteur entstanden, der die Bürger dazu aufgerufen hat, nicht zur nächsten Bundestagswahl zu gehen. Darüber habe ich mich empört und gesagt, jeder sollte dieses Recht wahrnehmen. Er meinte wiederum „Was könne das Individuum schon machen...“, worauf ich sagte, dass das Individuum alles machen kann, solange es sich engagiert. Daraufhin wollte er wissen, ob ich Bundeskanzler werden würde. Ich verneinte, weil ich glaube, dass es besser ist, sich in einem vertrauten, kleinen Rahmen zu engagieren. Dann kam die entscheidende Frage von ihm: Willst du Bürgermeister von Münster werden? Ja, werde ich. Einfach traurig, wenn Journalisten, die sonst für die Demokratie schreiben, eben diese plötzlich von innen aushöhlen.
DAS KONZERT IN DER POSTHALLE WURDE ABGESAGT!