Wolfgang Gurlitt: Zauberprinz
bis
Museum im Kulturspeicher Oskar-Laredo-Platz 1, 97080 Würzburg
Wolfgang Gurlitt. „Zauberprinz“
Kunsthändler - Sammler
8.2. bis 3.5.2020
Öffnungszeiten:
Di., 13-18 Uhr, Mi.-So. 11-18 Uhr, Do. bis 19 Uhr
Eintritt: 5,50 / erm. 3,50 €
Als 2012 der sogenannte „Schwabinger Kunstfund“ für Aufregung sorgte, geriet auch Würzburg in die Schlagzeilen. Denn auch hier gab es Verbindungen zur Kunsthändlerfamilie Gurlitt, jedoch nicht zu Cornelius Gurlitts Vater Hildebrand, sondern zu dessen Cousin Wolfgang. Dieser hatte wohl noch während des Ersten Weltkriegs die renommierte Berliner Galerie seines Vaters Fritz Gurlitt übernommen und machte sich dort nicht nur durch seine Geschäftstätigkeit, sondern auch durch seine schillernde Persönlichkeit und seinen exzentrischen Lebensstil einen Namen – als „Zauberprinzen“ benannte ihn Oskar Kokoschka in seiner bekannten Porträtlithographie. Nach der Ausbombung in Berlin ließ Gurlitt sich 1944 in Würzburg nieder. Wegen der fast völligen Zerstörung der Stadt am 16. März 1945 währte dieser Aufenthalt nur kurz, legte aber den Grundstein für eine bleibende freundschaftliche und geschäftliche Beziehung zwischen Gurlitt und dem Direktor der Würzburger Städtischen Sammlung, Heiner Dikreiter.
Beide Namen sind in den letzten Jahren auch im Zuge der Provenienzforschung am Museum im Kulturspeicher zunehmend in Erscheinung getreten; zwei der vier als NS-verfolgungsbedingt entzogen identifizierte Kunstwerke aus der Würzburger Städtischen Sammlung wurden während der NS-Zeit in Wolfgang Gurlitts Berliner Galerie erworben; auch andere Gurlitt-Erwerbungen sind verdächtig. Der Galerist handelte bekanntlich mit NS-„Raubkunst“ und profitierte wie der Würzburger Gründungsdirektor von der Kunstpolitik des Regimes. Dies bestätigt sich auch für seine eigene Kunstsammlung, die er 1953 der Stadt Linz verkaufte und damit den Grundstein für das heutige LENTOS Kunstmuseum in Linz legte. Wie das Museum im Kulturspeicher hat auch das LENTOS diese Bestände auf ihre Herkunft hin erforscht und mittlerweile zwölf Gemälde restituiert. Ein besonderer Akzent der Ausstellung liegt damit auf Gurlitts Aktivitäten in der NS-Zeit.
Mit „Wolfgang Gurlitt. Zauberprinz“ (LENTOS Linz, 4. Oktober 2019 bis 19. Januar 2020 – Museum im Kulturspeicher Würzburg, 9. Februar bis 3. Mai 2020) werden erstmals die Biografie, die vielfältigen Künstler- und Geschäftskontakte und die facettenreiche, schwer zu beurteilende Persönlichkeit Gurlitts in den Mittelpunkt einer von einem umfangreichen wissenschaftlichen Katalog begleiteten Ausstellung gestellt. Thema werden seine Tätigkeit als Kunsthändler (u. a. für Würzburg), aber auch seine Freundschaften und Beziehungen zu berühmten Künstlern wie Oskar Kokoschka, Lovis Corinth, Max Pechstein, Max Liebermann, Jeanne Mammen, Eric und Jula Isenburger und Alfred Kubin. Auch Gurlitts Verlegertätigkeit für Grafik und Künstlerbücher etwa von Lovis Corinth, Willi Geiger, Rudolf Großmann oder Max Pechstein wird beleuchtet.
Das Museum im Kulturspeicher Würzburg zeigt die Ausstellung in adaptierter Form. Während Gurlitts eigene, heute im LENTOS aufbewahrte Sammlung in Würzburg nur in Ausschnitten gezeigt wird, liegt ein Akzent hier auf den Ankäufen der Stadt Würzburg bei Wolfgang Gurlitt. Darin zeigt sich, wie zielsicher Gurlitt Heiner Dikreiters Wünschen entgegenkam und sein Sammlungsprofil, das sich auf die Kunst aus der Region „Mainfranken“ konzentrierte, mit großen Namen wie Wilhelm Leibl, Ferdinand von Rayski oder Max Slevogt bediente.
Wolfgang Gurlitt erinnerte sich sein Leben lang in Briefen an Heiner Dikreiter gern an seinen Würzburger Aufenthalt. 1957 veranstaltete er in der Würzburger Otto-Richter-Halle eine
Ausstellung anlässlich seines 50jährigen Berufsjubiläums, um sich hier wieder in Erinnerung zu bringen. Bei dieser Gelegenheit schenkte er der Würzburger Sammlung neun Grafiken von Lovis
Corinth, Oskar Kokoschka, Alfred Kubin, Edvard Munch, Max Pechstein und Renée Sintenis, die zumeist sein eigenes Bildnis zeigen. Dadurch und auch durch die etwa 120 weiteren Kunstwerke mit „Gurlitt-Provenienz“ am Museum im Kulturspeicher bleibt sein Name dauerhaft mit der Städtischen Sammlung verbunden. Die Ausstellung, die es sich zum Ziel setzt, die spannende Kunsthändler- und Verlegerfigur und ihre Verbindungen zu Würzburg zu dokumentieren, kommt so einem dringenden Desiderat nach.