Verschollene Malerinnen
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Kunsthalle Rüfferstraße 4, 97421 Schweinfurt
In der Ausstellung Verschollene Malerinnen? werden mehr als 20 Künstlerinnen aus der Sammlung Joseph Hierling in der Kunsthalle Schweinfurt ans Tageslicht geholt. Sofort stellen sich Fragen, wie: Warum gelten sie als verschollen? Liegt die Vergessenheit an ihrer weiblichen Rolle, die sie als Mutter, Ehe- und Hausfrau zu erfüllen hatten? Oder sind es die politischen Folgen der Vor- und Nachkriegszeit, die das Künstlerinnenleben erschwert haben?
Die Malerinnen, die zwischen 1876 und 1916 geboren wurden, gelten als „verschollen“, da sie durch die Weltkriege wie deren unmittelbare Folgen an der künstlerischen Entwicklung gehindert wurden und auf keinen einheitlichen Stil festgelegt werden können. Durch Bombenangriffe oder Beschlagnahmung der Werke ist oft auch nur ihr Nachkriegswerk erhalten. Während Käthe Loewenthal beispielsweise als homosexuelle Jüdin im Vernichtungslager umgebracht wurde, konnte sich Annot (Jacobi) ins Exil nach New York retten, wobei ihre eigene Malschule in Berlin durch die NSDAP geschlossen wurde. Die Weltkriege, verbunden mit der damaligen politischen Macht, haben die prekäre Situation für Künstler generell, für Künstlerinnen zusätzlich verschärft, sodass von einer dreifachen Verschollenheit gesprochen werden kann. Die Gruppenausstellung zeigt die damalige Lebenssituation auf und kann als Anregung, Reflexion oder Diskussion in die heutige Zeit übertragen werden.
Unterschiedliche Ausgangssituationen prägten den jeweiligen Werdegang der Malerinnen. Wenn die Malerinnen nicht wie Ursula Vehrigs oder Annot (Jacobi) in einem Künstler-Milieu aufgewachsen sind, konnten sie wie Eva Josefa Kestermann oder Lotte Lesehr-Schneider kaum mit familiärer Unterstützung des Vaters oder auch des Ehemanns rechnen. Trotz der offiziellen Zulassung für Frauen an Akademien mit der Weimarer Verfassung 1919, mussten sie stets für ihre Leidenschaft und die Ernsthaftigkeit wie Berufsmäßigkeit kämpfen, so dass der Dilettantismus abgelöst wird. Einige der Malerinnen haben im Vorfeld einen Weg gefunden – egal ob offiziell oder inoffiziell, ihre Berufung zu erlernen und auszuüben. Käthe Loewenthal hat bei Ferdinand Hodler studiert, Annot (Jacobi), die Nichte von Adolph von Menzel, hat bei Lovis Corinth gelernt und Paula Wimmer war mit Franz von Stuck befreundet. Diese Vorbilder und Lehrer der Künstlerinnen finden Sie in der Dauerausstellung der Sammlung Georg Schäfer, die mit der Sammlung Hierling den nahtlosen Übergang der deutschen Kunst von 1780 bis 1930 beziehungsweise zur deutschen Kunst nach 1945 in der Kunsthalle Schweinfurt gewährleistet.
Die Wechselausstellung will sich aber nicht nur mit der Vergangenheit beschäftigen, sondern auch das Publikum anregen, seine Meinung in der Ausstellung kund zu tun. Mit Fragen, wie: „Was wird von Frauen in der Gesellschaft erwartet? Welche Rollen sollen sie erfüllen, und wie am besten? Welches Frauenbild prägt uns und wem folgen wir?“ Und schließlich: „Was hat sich zur damaligen Situation heute geändert?“, lädt die Kunsthalle als Auftakt am Tag der Ausstellungseröffnung insbesondere Künstlerinnen ein, sich auszutauschen und auch die Plattform zu nutzen, um sich zu vernetzen.