Karl-Heinz Seidel - Visus Verticalis
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Spitäle An der alten Mainbrücke 1, 97070 Würzburg
VISUS VERTICALIS
Die Wahrnehmung moderner, aufstrebender Architektur erfordert oft einen vertikalen Blickwinkel des Betrachters: visus verticalis. Welch ungewöhnliche, überraschende und teils spektakuläre Perspektiven sich dabei eröffnen, zeigt Karl-Heinz Seidel in einer Sammlung fotografischer Werke.
Vor allem zwei Architekten haben es dem Künstler aus Kist angetan: Frank Owen Gehry und Daniel Libeskind. Beide stammen aus den USA. Beide stehen für ein neues Denken in der Architektur: Für Regelbrüche, Dissonanzen und Strukturen, die aufgrund eingeschliffener Sehgewohnheiten zunächst meist als „unharmonisch“ interpretiert werden. Genau das fasziniert Karl-Heinz Seidel. „Der rechte Winkel ist langweilig“, meint er. Ihn ziehen Auf- und Durchbrüche, kühne Konstruktionen und architektonische Irritationen an. Ein hervorragendes Beispiel hierfür ist die metallische Fassade des Gehry-Baus "Marta" in Herford, die Seidel als Freiraum für fotografische Abstraktionen nutzt und dem Betrachter somit überraschende Ein- und Ausblicke bietet.
Hinter die Dinge zu kommen, Geheimnisse aufzuspüren, auf den ersten Blick Unsichtbares sichtbar zu machen – das treibt den Künstler an. Die Werke bestechen nicht nur durch die besonderen Blickwinkel und kühnen Diagonalen. Es fallen vor allem auch die poetischen Titel auf. „Oval Ouverture“ heißt etwa ein Werk, das im Treppenhaus des Staatstheaters Darmstadt entstand.
Dass er sich so viel Zeit für sein jüngstes Kunstprojekt nehmen konnte, hat der 67-Jährige seinem "Unruhestand" – wie er es selbst nennt – zu verdanken. Seit drei Jahren widmet sich der diplomierte Informatiker ganz der künstlerischen Architekturfotografie.