Hafensommer: Flavia Coelho & Natalia Doco
bis
Alter Hafen Veitshöchheimer Straße, 97080 Würzburg
© Youri Lenquette
Flavia Coelho
Samba, Bossa, Reggae-Rhythmen, afrikanische Klänge und elektronische Keyboard-Sounds erzeugen die heiße Mischung, die Flavia Coelho mit Energie, wilder Lebenslust und einer beeindruckenden Bühnenshow präsentiert. Lässige Grooves mit rollenden Bass-Sounds treffen auf berührende Melodien, expressive Soundgemälde kontrastieren wunderbar mit virtuosen, folk-orientierten Soli an der akustischen Gitarre.
Flavia Coelho ist eine faszinierende Persönlichkeit mit einer nicht weniger wundervollen Stimme, die mit allen Nuancen spielt. Ein weites Klangspektrum, das tief und schwermütig, leidvoll und sehnsüchtig, betörend und verführerisch, aber auch weich, federleicht, locker und verspielt tönt. Zusammen mit Flavias portugiesischem Timbre schafft es diese Stimme, tiefe Gefühle und Gänsehaut zu erzeugen. Daneben enthalten ihre Texte den komplexen Gefühlszustand von Saudade. Saudade – ein spezieller Begriff aus dem Portugiesischen, der sich mit »Traurigkeit«, »Wehmut«, »Sehnsucht«, »Fernweh« oder »sanfte Melancholie« nur annäherungsweise übersetzen lässt. Das Wort steht für das nostalgische Gefühl, etwas Geliebtes unwiederbringlich verloren zu haben und so die Sehnsucht nach dem Verlorenen niemals stillen zu können. Wirklich nachempfinden und in sich spüren kann man Saudade wohl nur, wenn die Muttersprache portugiesisch ist.
Die Brasilianerin hatte es in ihrem Leben nie wirklich leicht: Aufgewachsen in einem der gefährlichsten Bezirke Rio De Janeiros, lebte sie in besetzten Häusern, oft auch auf der Straße und zog durch ganz Brasilien, um sich als Sängerin zu etablieren. 2006 verließ sie Rio, um in Paris, der Stadt ihrer Träume, neu anzufangen. Das war die Zeit, als sie in Metro-Stationen sang, in den Bars und Kabaretts Chapeau spielte, Kinder betreute, sich als Putzfrau verdingte und Hunde Gassi führte. Flavia war schon immer mit Musik aufgewachsen und spürte frü̈h, dass ihr ganzes Wesen in Verbindung mit Musik irgendwie magisch wirkt und so arbeitete sie hart, um sich ihren Traum als Künstlerin zu erfüllen.
Auf ihrem neuen Album »Sonho Real« (Lebendiger Traum) spielt Flavia mit Einflüssen von Forro und Ragga, mit rasenden Ska-Rhythmen und lässigem Dub. Bläser, Gitarren, Keyboards, Percussion, Schlagzeug, Bass und Akkordeon wurden von ihrem Produzenten Victor Vagh genial arrangiert – der optimale Soundteppich für Flavia Coelhos Stimme. Weder traurig noch glücklich – das ist Flavias Ansatz; zu subtil, um als leicht eingestuft zu werden. Und wenn die Welt ihr nicht mehr genügt, erfindet sie eine neue. In ihrem Song Temontou /You Are My Everything singt Flavia: »The air I breathe is sweeter when you’re in it«. Und auch die Luft, die wir atmen, wird süßer, wenn Flavia uns mit ihrer lebensfrohen Musik in ihre Träume entführt.
Natalia Doco
Seit einigen Jahren schon lebt die argentinische Sängerin Natalia Doco in Frankreich, wo sie mit also Solosängerin unterwegs ist und mit selbstgefilmten Coverversionen (z. B. von The Police oder Amy Winehouse) Millionen von Youtube-Klicks gesammelt hat. Ihr Debüt-Album nahm sie mit Jacques Ehrhart auf, dem Produzenten der erfolgreichen Sängerin Camille.
Doch Natalia war noch nicht zufrieden, suchte nach einer eigenen Handschrift und einem individuelleren Sound. Nun hat sie mit Argentiniens erfolgreichem Indieproduzenten Axel Krygier endlich den idealen Produktionspartner für ihre ganz eigene Musik gefunden und mit ihm ein geniales Album produziert. »Mein erstes Album bestand nur zur Hälfte aus meinen Ideen. Der Rest waren Zugeständnisse an meinen damaligen Produzenten. Mein neues Album hingegen spiegelt meine ganze Persönlichkeit wider: von der künstlerischen Vision über die Aussagen der Texte bis hin zum Albumcover.«
Auf diesem Cover sitzt Natalia Doco im Schneidersitz vor einer psychedelisch wirkenden Wüstenlandschaft, hat die Augen geschlossen und trägt eine Art Traumfänger um den Hals. »Das Titelstück bezieht sich auf ein Ritual, das ich eines Nachts vollzog. Ich durchlief gerade eine schwierige Phase, war von meinem damaligen künstlerischen Weg enttäuscht. Also schrieb ich all meine negativen Gedanken auf ein Blatt Papier, verbrannte es und übergab die Asche zur Hälfte dem Wind, zur Hälfte dem Wasser. Danach kam mir sofort dieses Stück in den Sinn! Deshalb heißt der Song 'El Buen Gualicho', der gute Zauber, denn er entstand auf geradezu magische Weise.«
Auch wenn Doco seit einigen Jahren in Frankreich lebt, so ist sie doch tief verwurzelt in der lateinamerikanischen Musikkultur. Sie wollte, dass ihr Album nach dem antiken Lateinamerika der Inkas klingt, nach kubanischem 'Son', langsam und sexy, und auch nach französischem Chanson. Mit »El Buen Gualicho« habe sie sich auf die Suche nach ihrem musikalischen Erbe machen wollen, sagt sie. Und so verbindet Natalia Paris mit Buenos Aires, Cobla und Cumbia mit Chanson und Indiepop. Auf französisch und spanisch fusioniert sie uralte Rhythmen und Rituale der Inkas mit eingängigen Melodien und hypnotischen Arrangements und schafft ihren ganz eigenen Latinfolk, Latinblues, Latinchanson und Latinpop.
Gelungen ist ihr ein gleichzeitig modernes und spirituelles Weltmusik-Album, das durch die ungewöhnlichen Arrangements eine psychedelisch-jazzige Note erhält. Und da sie nicht nur einen großartigen Produzenten, sondern auch die perfekten Musiker gefunden hat, präsentiert sie ihre Songs 2018 in sehr feiner Besetzung live in Europa und so auch beim Hafensommer in Würzburg.